Der Neutestamentler und Erfolgsautor Klaus Berger ist tot

Evangelischer Professor oder heimlicher Katholik?

Veröffentlicht am 09.06.2020 um 13:39 Uhr – Lesedauer: 

Heidelberg ‐ Er trat gegen konfessionsübergreifende Abendmahlsfeiern, gegen eine Ökumene von unten und gegen eine Aufhebung des Zölibats ein: Für Aufsehen sorgte Klaus Berger im Jahr 2005 aber auch hinsichtlich seiner eigenen Konfession. Am Montag starb der Heidelberger Theologe mit 79 Jahren. Ein Porträt.

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Der renommierte Heidelberger Theologe Klaus Berger ist am Montag mit 79 Jahren gestorben. Der Bibelwissenschaftler und konfessionelle Grenzgänger schlief "an dem Ort, an dem er am Liebsten war, seinem Schreibtisch, friedlich ein", wie Bergers Frau Christiane Nord der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte.

Berger galt als einer der profiliertesten Bibelexperten im deutschen Sprachraum. Von 1977 bis 2006 lehrte er Neues Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Uni Heidelberg. Zugleich betonte er, immer katholisch geblieben zu sein.

Den Vorwurf der Unredlichkeit und Täuschung ließ er nicht gelten. Er habe nie verheimlicht, dass er sich auch als Professor für evangelische Theologie als "Katholik im Exil" verstanden und als "Katholik jahrelang evangelische Pfarrer ausgebildet" habe. Der Fall sorgte 2005 für hitzige öffentliche Debatten. Sogar der Vatikan schaltete sich ein und dementierte, von einer geheimen doppelten Kirchenmitgliedschaft gewusst zu haben.

Im konservativen Kirchenflügel beheimatet

Nach der versteckten konfessionellen Zeit im Exil war Berger deutlich sichtbar im konservativen katholischen Kirchenflügel beheimatet und vernetzt. Er war mit dem nach strengen Regeln lebenden Zisterzienserorden verbunden, hatte Kontakte zum "Initiativkreis katholischer Laien und Priester" und publizierte in der konservativen Würzburger Zeitung "Die Tagespost". Immer wieder warnte er vor Säkularisierung und wollte dem von ihm konstatierten religiös-liberalen Zeitgeist keine Zugeständnisse machen.

Die in Würzburg erscheinende "Tagespost" ist die einzige überregionale katholische Tageszeitung Deutschlands.
Bild: ©katholisch.de

In der in Würzburg erscheinenden katholischen Zeitung "Die Tagespost" publizierte Klaus Berger regelmäßig.

Berger trat gegen konfessionsübergreifende offene Abendmahlsfeiern, gegen eine Ökumene von unten und gegen eine Aufhebung des Zölibats ein. Wiederholt wandte er sich auch gegen eine allein historisch-kritisch geprägte Bibelwissenschaft.

Stattdessen warb er dafür, die Bibel als spirituelle Kraftquelle zu sehen. Um seine Überzeugungen nicht nur in Büchern zu vertreten, reiste er als Vortragsredner durch ganz Deutschland. Mit dabei im Zug hatte der hochgewachsene, weißhaarige Theologe das lateinische Gebetbuch der Zisterzienser.

Persönliches Zerwürfnis mit dem Doktorvater

Geboren 1940 in Hildesheim, wuchs Berger im nahen Goslar auf. Zum Studium von Theologie, Philosophie und orientalischen Sprachen ging er nach München. Eigentlich wollte er katholischer Priester werden: "Mich fasziniert diese Lebensform als radikale Christusnachfolge." Die Pläne scheiterten am Vorwurf einer Irrlehre gegen seine in München eingereichte Dissertation. Im Hintergrund stand aber wohl vor allem das persönliche Zerwürfnis mit seinem damaligen Doktorvater Otto Kuss.

Berger wandte sich ab, gab seinen Traumberuf auf. Nach kurzem Intermezzo als Dozent für Neues Testament und altchristliche Literatur an der Universität Leiden wurde er 1977 Professor in Heidelberg, wo er bis zu seiner Emeritierung 2006 blieb. Fachleute würdigten, dass Berger schwierige theologische Sachverhalte einfach, aber fundiert und oft bildhaft zur Sprache bringen konnte.

Einige seiner rund 80 Bücher wurden Bestseller. Vielfach wurde Berger ausgezeichnet. Zuletzt erhielt er im Dezember den Augustin-Bea-Preis der Internationalen Stiftung Humanum. Der mit 30.000 Schweizer Franken (27.000 Euro) verbundene Preis wird für "hervorragende Verdienste um den Frieden und den Fortschritt der menschlichen Gesellschaft und um die Verwirklichung einer größeren sozialen Gerechtigkeit" verliehen.

Von Volker Hasenauer (KNA)