Wechsel an Spitze der Bischofskonferenz sei eine Chance

Für mehr Synodalität: Zulehner fordert Kirchenparlament für Österreich

Veröffentlicht am 24.06.2020 um 11:58 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner sieht im Wechsel an der Spitze der österreichischen Bischofskonferenz eine Chance: Deren neuer Chef Franz Lackner könne gut mit anderen zusammenarbeiten – ideale Bedingungen für mehr Synodalität.

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Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner spricht sich für die Einrichtung eines Kirchenparlaments zur Stärkung der Synodalität in der Kirche aus. In einem Gastkommentar in der Tageszeitung "Der Standard" (Sonntag) anlässlich des Wechsels an der Spitze der Bischofskonferenz schreibt er, dass die Kirche in Österreich Synodalität "nicht als Einmalevent, sondern als Dauereinrichtung" benötige. Sie  befinde sich in einer "dramatischen Umbauzeit", die nur mit breiter Partizipation gemeistert werden könne.

Mit Blick auf den Wechsel an der Spitze der österreichischen Bischofskonferenz sieht er mit dem neuen Vorsitzenden, dem Salzburger Bischof Franz Lackner, die Chance für stärkere Beteiligungsmöglichkeiten bei der Kirchenleitung. Die "Kernschwäche" seines Vorgängers, des Wiener Kardinals Christoph Schönborn, sei das Fehlen starker Persönlichkeiten in seinem Umfeld gewesen. Zudem habe er Pfarrgemeinden und Verbänden wenig Wertschätzung entgegengebracht. Lackner dagegen habe gezeigt, dass er in der Lage sei, sich fähige Leute ins Team zu holen.

Zentralismus der Weltkirche sorgt für Stagnation

"Nur wenn viele Kirchenmitglieder mitgestalten und mitentscheiden können, werden sie sich künftig identifizieren und engagieren", betont der Religionssoziologe. Papst Franziskus habe dies klar erkannt, wenn er auf den Ausbau der Synodalität setze. Die Rolle der Bischöfe soll laut Zulehner darin bestehen, darauf zu achten, dass die Beschlüsse "in der Spur des Evangeliums bleiben". Eine finanzielle Alleinverantwortung der Bischöfe sei vom Evangelium nicht gedeckt.

Zulehner beklagt eine Stagnation in der Kirche, durch die notwendige Reformen verschleppt worden seien. "Der bisherige Zentralismus ist eine Hauptursache der Stagnation", konstatiert er und schlägt daher regionale Erprobungen von einzelnen Reformen vor. Auf diese Weise könne in Österreich etwas entstehen, "was erst nach Jahren weltkirchliche Akzeptanz findet". Der Einwand, dass wichtige Fragen nur in weltkirchlichem Gleichschritt gelöst werden können, sei unter Papst Franziskus kein Totschlagargument mehr. Als Beispiel nennt Zulehner die Weihe von "bewährten Person für lebendige Gemeinden".

Paul Zulehner ist emeritierter Professor für Pastoraltheologie an der Universität Wien. 2019 hatte er eine Onlinepetition mit dem Titel "Amazonien auch bei uns" gestartet, die die Bischöfe in deutschsprachigen Ländern aufforderte, dem Papst Reformvorschläge zu unterbreiten. (fxn)