Bode: Bibel bietet während Corona die besten Punkte zum Festhalten
"Dein Herz lebe auf!" So heißt ein neues Buch, in dem 23 deutsche Bischöfe in der Corona-Pandemie tröstende Bibelstellen auslegen. Im Interview spricht der Herausgeber, Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode, über die Rolle der Kirche während Corona und erklärt, wie das Projekt zustande kam und warum nicht alle Oberhirten sich an dem Buch beteiligt haben.
Frage: Bischof Bode, Ende des Monats erscheint das Buch "Dein Herz lebe auf!". Warum geben Sie dieses Buch heraus?
Bode: Es war eine gute Idee des Bibelwerks, gerade in der Corona-Situation die Texte zusammenzubringen. In dieser beispiellosen Zeit wollen viele Menschen ein Wort der Kirche zur Pandemie hören – und dazu haben die Bischöfe sich erheblich öfter geäußert, als das vielleicht nach außen bekannt geworden ist.
Frage: Und warum haben Sie dafür die Texte zusammengestellt?
Bode: Das Buch soll zum Umgang mit dieser schwierigen Zeit beitragen. Alle Welt spricht von der Corona-Krise, und wir müssen das auch in unserer Verkündigung aufnehmen. Gerade die Bibel bietet die Punkte, an denen man sich am besten festhalten kann.
Frage: Was wollen Sie mit dem Buch erreichen?
Bode: Das sagt schon der Untertitel "Tröstende Bibeltexte erschlossen für schwere Zeiten". Die Texte sollen Trost spenden, aufrichten und Lebenshilfe geben. Natürlich ist das beim Hören einer Predigt oder in einem Gespräch leichter als mit einem geschriebenen Text. Andererseits bleiben Printtexte in solchen Zeiten gerade wichtig, weil nicht alle mit dem Internet umgehen können und weil man ein Buch immer wieder hervorholen kann. Man muss nicht gleich das ganze Buch lesen, sondern kann sich auch einzelne Passagen von Personen anschauen, die einem bekannt sind.
Bischof Bode zu Corona: Soziale Isolation darf dauerhaft nicht sein
Im Alter nehmen Kontakte ab. Wenn Senioren jetzt noch weniger Austausch haben, kann das unerträglich werden. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode ist in der Bischofskonferenz für die Pastoral zuständig. Er erklärt, wie die Seelsorge dem Problem begegnen will, sagt aber auch, unter welchen Voraussetzungen Kontaktverbote unvermeidbar sind.Frage: Und an wen richten Sie sich konkret mit dem Buch?
Bode: Ich denke an jeden, der am Wort Gottes interessiert ist und die Liturgie mitfeiert. Es sind ja zum großen Teil Texte aus der Liturgie, vor allem aus der Fasten- und Osterzeit. Die Osterzeit in diesem Jahr war eine ausgesprochen andere als sonst. Das Buch werden Menschen in die Hand nehmen, die sich von der Bibel ansprechen lassen und einen gewissen Bezug dazu haben. Ich habe den Eindruck, dass es sehr viele gibt, die durchaus an der Auslegung biblischer Texte interessiert sind. Für manche könnten die Texte außerdem eine Inspiration für die Vorbereitung eigener Gottesdienstformen oder Wortgottesfeiern in den Gemeinden sein.
Frage: In Deutschland gibt es aktuell immer mehr Lockerungen. Kontaktbeschränkungen werden aufgehoben und man kann sogar wieder ins Ausland in den Urlaub reisen. Sind Sie zu spät dran mit Ihrem Buch?
Bode: Nein. Die Corona-Pandemie ist ja längst nicht vorbei. Wir gehen gerade von einer akuten in eine chronische Phase über. Wir wissen noch gar nicht, was uns alles blüht, und müssen im Moment weiter mit Unsicherheit und Angst leben. An den Corona-Hotspots wird deutlich, dass wir lernen müssen, mit der Lage zu leben. Da braucht es auf Dauer sogar noch mehr Halt. Und da kann eine biblische Orientierung sehr hilfreich sein und gut tun.
Frage: Es gibt auch Kritik am Einsatz der Kirchen während der Corona-Krise. Thüringens frühere Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht hatte kritisiert, die Kirchen hätten "hunderttausende Menschen allein gelassen, Kranke, Einsame, Alte, Sterbende". Ist die Auslegung von tröstenden Bibelstellen überhaupt das, was die Gläubigen gerade von der Kirche brauchen?
Bode: Natürlich nicht nur. Die Kirche war mit ihren Seelsorgern in den Krankenhäusern und in den diakonischen Einrichtungen absolut zur Stelle. Wir haben von Anfang an Livestream-Gottesdienste gefeiert. Dieses Buch zeigt doch, dass sich die Kirche in dieser Zeit zu Wort meldet. Für die Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz habe ich eine Reihe von Gesprächen geführt und abgefragt, welche Ideen es in dieser Zeit in den Gemeinden gegeben hat. Und es gibt viele Initiativen. Da zu sagen, die Kirche sei nicht präsent gewesen, weil sie nicht jeden Tag in der Zeitung stand, halte ich für falsch. Sie arbeitet nicht nur durch ihre Liturgie und Verkündigung, sondern auch durch ihre Caritas – und da ist jede Menge geschehen.
Frage: Und die spirituelle Seite der Menschen? Die wollen Sie dann durch das Buch ansprechen?
Bode: Ja, auch durch dieses Buch. In der Krise geht es nicht nur um das biologische Leben des Menschen. Zuerst ja, deswegen war es auch wichtig, dass wir die strengen Regeln am Anfang der Pandemie angenommen haben. Aber dann geht es auch um den Mehrwert des Lebens, um das Soziale, das Spirituelle, wo der Mensch nach Sinn sucht und sich fragt, wie er auf Dauer mit der Situation umgehen kann. Gerade für diejenigen, die Leid und Verluste erfahren oder ganz allein zu Hause bleiben mussten, kommt gerade in der jetzigen Phase eine Auseinandersetzung mit dem Ganzen.
Frage: Nicht alle deutschen Diözesanbischöfe haben sich an dem Buch beteiligt. Woran liegt das?
Bode: Vier Bischöfe haben sich nicht beteiligt. Das hat aber keine tiefere Bedeutung. Es war sehr wahrscheinlich ein Zeitproblem. Ich hatte auch gar nicht damit gerechnet, dass so viele mitmachen. Beim Ständigen Rat der Bischofskonferenz habe ich mich ausdrücklich bei allen bedankt.
Frage: Zeigt sich daran auch, wie wertvoll Ihre Mitbrüder das Buch gerade in der aktuellen Zeit sehen?
Bode: Genau. In dem Buch ist wirklich die gesamte Bandbreite des Zugangs zur Bibel für diese Zeit vertreten. Das finde ich persönlich sehr schön, weil es um persönliche existenzielle Erfahrungen geht. Das zeigt ein anderes Gesicht der Bischöfe, die sich sonst ja oft eher kirchenpolitisch äußern.