Gewissensfreiheit und Privatsphäre besser schützen

"Memores Domini": Vatikan lässt geistliche Gemeinschaft überprüfen

Veröffentlicht am 06.07.2020 um 11:25 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Seit Jahren soll die Gemeinschaft "Memores Domini" ihre Statuten überprüfen, damit Gewissensfreiheit und Privatsphäre der Mitglieder besser geschützt werden. Jetzt ist dem Vatikan der Geduldsfaden gerissen.

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Der Vatikan lässt die Gemeinschaft "Memores Domini" von einem päpstlichen Delegaten überprüfen. In einem auf den 26. Juni datierten Dekret, das der Vatikan-Journalist Aldo Maria Valli in der vergangenen Woche veröffentlicht hat, wird eine Untersuchung von Statuten und Führungsstil angeordnet. Mit der Prüfung wurde der italienische Jesuit und Kirchenrechtler Gianfranco Ghirlanda betraut. Der ehemalige Rektor der Gregoriana ist Mitglied des zuständigen Dikasteriums für die Laien.

Das Dekret ordnet neben einer Prüfung der Statuten insbesondere an, eine sorgfältige Trennung zwischen dem Bereich der Leitung der Vereinigung und der geistlichen Begleitung ihrer Mitglieder sicherzustellen. Die Führung soll so gestaltet werden, dass Privatsphäre und persönliche Freiheit der Mitglieder gewährt sind. Ziel ist eine Revision der Statuten der Gemeinschaft. Außerdem soll der Päpstliche Delegat die Leitung der Gemeinschaft darin unterstützen, "allen Mitgliedern der Vereinigung eine angemessene Bildung in Bezug auf den Bereich der Gewissensbildung und der Unterscheidung des sakramentalen und nichtsakramentalen Forum internum und Forum externum zu vermitteln".

Reform der Statuten und mehr Gewissensfreiheit schon lange angemahnt

Das Kirchenrecht sieht vor, dass Priester Gläubigen nicht die Beichte abnehmen dürfen, für die sie eine direkte Leitungsverantwortung haben. Kenntnisse, die Priester aus der Beichte erlangen, dürfen nicht bei der "äußeren Leitung" verwendet werden. Eine unzureichende Trennung von persönlichem "Forum internum" etwa in Beichte, bei der Geistlichen Begleitung oder in therapeutischen Situationen von öffentlichem "Forum externum" bei der Leitung und in anderen Angelegenheiten der Gemeinschaft gilt als ein Anzeichen geistlichen Missbrauchs.

Die Prüfung der zu der Bewegung "Comunione e Liberazione" gehörenden Gemeinschaft hatte der Präfekt des Laiendikasteriums Kardinal Kevin Farrell der Führungsebene der "Memores Domini" Ende Juni angekündigt. Das Vorgehen sei nötig geworden, da die Gemeinschaft wiederholt seitens des Vatikans aufgefordert worden sei, Statuten und Leitungsstruktur zu reformieren, ohne dass eine Änderung erfolgt sei. Außerdem befasse sich der Delegat mit "einigen weiteren Problemen, die dem Dikasterium mitgeteilt worden sind".

Die Gemeinschaft "Memores Domini" (etwa: "Damit sie dem Herrn gedenken") wurde in den 1960er Jahren im Umfeld der studentischen Jugend der Katholischen Aktion in Mailand gegründet. Ihr geistiger Vater ist der Gründer der Bewegung "Comunione e Liberazione" Luigi Giussani. 1988 wurde die Gemeinschaft als internationale Vereinigung von Gläubigen päpstlichen Rechts durch den Päpstlichen Rat für die Laien anerkannt. Die Mitglieder verpflichten sich auf ein gemeinschaftliches Leben in den evangelischen Räten Armut, Keuschheit und Gehorsam. Zum Haushalt des emeritierten Papstes Benedikt XVI. gehören vier geweihte Jungfrauen aus der Gemeinschaft, die dort als Haushälterinnen wirken. Derzeit haben die "Memores Domini" etwa 1.600 Mitglieder in 32 Ländern. (fxn)