Standpunkt

Liturgische Bücher brauchen auch eine inhaltliche Aktualisierung

Veröffentlicht am 08.07.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Anfang Juli ist ein neues liturgisches Buch zur Trauung erschienen. Es gehört damit zu den vielen liturgischen Gebrauchsbüchern, die vor Kurzem ein neues Design bekommen haben. Dabei sollte es nicht bleiben, findet Schwester Maria Gabriela Zinkl.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Zugegeben, man muss zweimal hinschauen, um zu verstehen, welches Buch da vor einem liegt. Denn der leuchtend pinkfarbene Kunstledereinband mit Goldstreifen-Design auf der Vorderseite erinnert stark an ein Teenie-Sammelalbum für Sticker (vulgo Aufkleber) oder an einen großformatigen Terminplaner für Feministinnen. Doch weit gefehlt, hinter dem farbintensiven Cover verbirgt sich das vor wenigen Tagen neu erschienene Liturgie-Buch "Die Feier der Trauung in den katholischen Bistümern des deutschen Sprachgebietes". Ein grelles Pink oder – nach Auskunft des Deutschen Liturgischen Instituts – "der lebendige Rotton der Fuchsia-Blüte" löst das dezente Dunkelgrün der Vorgänger-Edition von 1992 ab. Der "festliche Einband" ergebe sich "aus der additiven Mischung der Farben Blau" des neuen Buches für den Taufritus "und Rot" für die Firmung. Der gut katholischen Freundin kommt da eher die Assoziation zu Magenta in den Sinn, deren Mischfarben Rot und Blau für das weibliche und männliche Element katholischer Ehetheologie stehen. Und Liturgie-Experten denken sicher an Rosa als kirchliche Symbolfarbe der Freude, die den Gaudete- und Laetare-Sonntag prägt. Verächtlichen Unkenrufen aus klerikalen Hausbibliotheken zum Trotz ist die neue Signalfarbe des Einbands also überraschend passgenau für eine kirchliche Trauung: das richtige Buch zum freudigen Anlass.  

Wer die Faszination oder Irritation des Einbands hinter sich lässt, findet auf den Seiten zwischen den Buchdeckeln weitestgehend alles beim Alten. Bisheriger Inhalt und Aufbau des Trauungsritus sind gleich geblieben, von aktualisierten Bibelstellen nach der neuen Einheitsübersetzung und Verweisen zum neuen Gotteslob einmal abgesehen. Eine Neuausrichtung wurde als nicht erforderlich erachtet; kein Wunder, waren die liturgischen Trauungsformulare doch zuletzt in den 1990er Jahren an die römische Vorlage der so genannten "Editio typica" angepasst worden, was ihre Einheitlichkeit mit den Trauungszeremonien in den katholischen Diözesen der ganzen Welt gewährleistet.

Die Diözesen des deutschen Sprachraums haben in den letzten Jahren großen Aufwand betrieben und sich an ein neues Design ihrer liturgischen Gebrauchsbücher gewagt. Die Gestaltung der neuen Gotteslobe, Lektionare und liturgischen Ritualbücher bietet überraschende Lichtblicke und geistliche Inspiration. Von den darin befindlichen Gebetstexten lässt sich dies nicht immer sagen – es sei daran erinnert, dass dem 2009 erschienenen liturgischen Buch für die kirchliche Begräbnisfeier nach massiver Kritik an uneleganten Übersetzungen und pastoralen Mängeln drei Jahre später ein Handbuch (Manuale) beigefügt wurde. 

 "Selten genug, dass kirchliches Layout eine längst überfällige inhaltliche Korrektur vorwegnimmt", urteilt ein priesterlicher Freund über das neue Trauungsrituale. Ob eines Tages auch Segnungsfeiern für wiederverheiratet Geschiedene und andere Paare in ein offizielles liturgisches Buch der katholischen Kirche eingehen werden, steht lehramtlich auf einem anderen Blatt. Einer Neuauflage des kirchlichen Segnungsbuches "Benediktionale" stünden ein aussagekräftiger Einband wie entsprechende Inhalte jenseits von Fußnoten sicherlich gut.

Von Schwester Maria Gabriela Zinkl

Die Autorin

Schwester Dr. Maria Gabriela Zinkl SMCB ist Borromäerin im Deutschen Hospiz St. Charles in Jerusalem und arbeitet als Dozentin für Kirchenrecht und als Pädagogin.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.