Internationaler Tag gegen Menschenhandel am 30. Juli

Weihbischof Puff: Auch in Deutschland werden Menschen ausgenutzt

Veröffentlicht am 28.07.2020 um 14:27 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Hierzulande arbeiten manche unter menschenunwürdigen Bedingungen, bemängelt der Kölner Weihbischof Ansgar Puff. Er fordert den Staat zum Handeln auf: Mit wirksamen Kontrollen müsse die Ausbeutung von Menschen verhindert werden.

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Zum Internationalen Tag gegen Menschenhandel am Donnerstag fordert die Deutsche Bischofskonferenz menschenwürdige Arbeitsbedingungen und ausreichende Kontrollen von Betrieben. "Auch in Deutschland wird die Notlage tausender Menschen ausgenutzt. Sie werden unter menschenunwürdigen Bedingungen, ohne ausreichenden Arbeitsschutz und ohne existenzsichernde Entlohnung beschäftigt. Grundrechte ebenso wie arbeits- und sozialrechtliche Ansprüche werden ihnen vorenthalten", erklärte der Kölner Weihbischof Ansgar Puff am Dienstag in Bonn.

Das gelte unter anderem für die Lebensmittelindustrie, die Pflege, auf dem Bau und in der Prostitution. Puff ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe Menschenhandel der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz.

"Von dieser Entmenschlichung der Arbeit zu Menschenhandel ist es nur ein kleiner Schritt", fügte der Weihbischof hinzu. Die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen hätten ihren Ursprung dabei auch in den Herkunftsländern der Betroffenen. "Kirchliche Partner in Rumänien und Bulgarien berichten, dass viele Menschen bereit sind, einen schlechten Lohn und prekäre Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, um ihre Familien im Heimatland unterstützen zu können. Hierfür zahlen sie einen viel zu hohen Preis."

Konkrete Hilfe und politische Verantwortung

Puff betonte, die katholische Kirche kümmere sich in Deutschland wie in den Herkunftsländern in vielfältiger Weise um die Opfer von Menschenhandel: in der sozialen und juristischen Beratung und durch konkrete Hilfe für Menschen, die der Ausbeutung entkommen. Zum Engagement gehöre auch der Einsatz für faire Lebensbedingungen weltweit, die dem Menschenhandel seine Grundlagen entziehen.

Fleischfabrik Tönnies
Bild: ©picture alliance/dpa/Revierfoto

Zuletzt sorgten die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie für Aufsehen.

Vor allem aber seien Politik und Verwaltung gefordert, entsprechende Regeln durchzusetzen. Notwendig seien konsequente Kontrollen sowohl der Arbeitsvermittlungsagenturen als auch der Betriebe, betonte Puff. "Es muss sichergestellt werden, dass die zuständigen Behörden mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet sind und auf qualifiziertes Personal, nicht zuletzt Dolmetscher, zugreifen können."

40 Millionen Opfer von Menschenhandel

Weltweit sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen 40 Millionen Menschen Opfer des Menschenhandels. Zum Welttag gegen Menschenhandel am 30. Juli haben internationale kirchliche Organisationen zudem betont, dass sich die Lage vieler informell Beschäftigter in Hausarbeit, Landwirtschaft und Bau durch die Corona-Pandemie verschlechtert habe. Tausende Arbeiter hätten ihre Unterkunft verloren; andere hätten aufgrund der Reisebeschränkungen geringere Chancen, in ihre Heimat zurückzukehren oder Orte zu verlassen, an denen sie gegen ihren Willen festgehalten würden. Viele verfügten weder über materielle und psychologische Hilfe noch einen legalen Aufenthaltsstatus, erklärten der katholische Dachverband Caritas Internationalis und Coatnet, ein christliches Netzwerk gegen Menschenhandel.

Als Folge von Schulschließungen seien Millionen Kinder dazu gezwungen, Nahrung und Geld auf der Straße zu suchen. Mit Ausgangssperren steige auch die Gewalt gegen Minderjährige. Allein während des Lockdown in Indien seien während elf Tagen 92.000 Fälle von Kindesmisshandlungen an die Behörden gemeldet worden. Nach der Beobachtung von Caritas Indien nähmen Kinderarbeit und Kinderehen zu, weil Familien so Versorgungsnotlagen lösen wollten. (cph/KNA)