Das ist die besucherstärkste Kirche im Erzbistum Berlin
Die Propsteikirche Sankt Peter und Paul Potsdam feiert an diesem Wochenende ihr 150-jähriges Weihejubiläum. Was den mächtigen Ziegelbau zur bestbesuchten Kirche im ganzen Erzbistum Berlin macht und welche Anekdoten das Gotteshaus für Besucher parat hält - darüber spricht im Interview Eva Wawrzyniak. Die Pastoralreferentin und Kirchenführerin ist in Potsdam zuständig für die katholische Stadtkirchenarbeit.
Frage: Frau Wawrzyniak, was ist denn das Besondere an dem steinernen Geburtstagskind?
Wawrzyniak: Die Propsteikirche Sankt Peter und Paul ist tatsächlich die besucherstärkste katholische Kirche im ganzen Erzbistum Berlin. In normalen Zeiten sind es 230.000 touristische Besucher pro Jahr. Hinzu kommen noch pro Wochenende rund 700 Gottesdienstbesucher. Damit stehen wir in Potsdam an der Spitze des Gottesdienstbesuchs aller christlichen Kirchen.
Frage: Und warum ist gerade diese Kirche solch ein Touristenmagnet?
Wawrzyniak: Das liegt großenteils an der Lage: Wir liegen mitten im Zentrum von Potsdam, am Ende der Haupteinkaufs- und Flaniermeile. Ob man aus einem Geschäft kommt oder am Restauranttisch sitzt - man sieht diese Kirche sofort. Und neben der Kirche ist auf der einen Seite ein großer Wochenmarkt und auf der anderen Seite ein riesiger Parkplatz für Pkw und Reisebusse.
Frage: Alles klar, Immobilienmakler würden mit leuchtenden Augen sagen: "Lage, Lage, Lage". Aber was hat Sankt Peter und Paul denn an sich zu bieten?
Wawrzyniak: Die Kirche hat einen sehr hellen und sehr hohen Zentralraum. Sie entstand 1867 bis 1870 nach Plänen von Wilhelm Salzenberg und orientiert sich an Kirchen der italienischen Romanik. Beim Betreten fällt als erstes der Blick auf die bunt-golden ausgemalte Apsis, die fast orthodox anmutet. Das macht einen strahlenden, lichtvollen Eindruck und viele Besucher sagen: 'Das ist einfach schön.'
Frage: Übers Schönsein hinaus - welche Kunstschätze birgt das Gotteshaus?
Wawrzyniak: Die Pfarrgemeinde war bei der Gründung nicht reich, es war eine Arbeitergemeinde. Die großen Kunstgegenstände stammen aus der Vorgängerkirche, im frühen 18. Jahrhundert gebaut. Dazu zählen drei barocke Altarbilder von Antoine Pesne (1683-1757), dem Hofmaler des Alten Fritz, sowie die grandiose spätbarocke Skulpturengruppe "Magdalena unter dem Kreuz" von Hofbildhauer Johann Peter Benckert (1709-1765). Man kennt ihn vor allem als Schöpfer des chinesischen Pavillons im Park Sanssouci. Beide Künstler waren übrigens katholisch. Genauso wie Peter Joseph Lenne (1789-1866), der ein halbes Jahrhundert als königlich-preußischer Generaldirektor die Gartenkunst in Potsdam prägte und wohl auch den Bauplatz für Sankt Peter und Paul ausgewählt hat.
Frage: Gibt es auch Kurioses in der Kirche?
Wawrzyniak: Wir haben zwei Ewiglichter.
Frage: Ist den Potsdamer Katholiken eine Ewigkeit zu wenig?
Wawrzyniak: Das nicht, es ist vielmehr eine Geschenke-Kapriole. Der Ehemann der österreichischen Kaiserin Maria-Theresia, Herzog Franz Stephan von Lothringen, stiftete bei einem Besuch das erste Ewiglicht, aus vier Kilo Silber. Das wiederum passte dem preußischen König Friedrich Wilhelm I. nicht, und er schenkte der Pfarrgemeinde ein zweites Ewiges Licht - und zwar aus acht Kilo Silber. Dazu noch ein Weihrauch-Schiffchen und ein Messgewand. Das alles wurde in einer feierlichen Prozession vom Schloss bis in die Kirche getragen.
Frage: Hoppla, die preußischen Könige waren doch stramm protestantisch. War das nicht ein ungewöhnlicher Akt?
Wawrzyniak: In der Tat. Aber zum einen hatten die Katholiken eine nicht unerhebliche Bedeutung für das preußische Militär. Man schätzt, dass zeitweise 20 bis 40 Prozent der Armee katholisch waren. Zum anderen ging es darum, mit diesen Geschenken die katholische Gemeinde daran zu erinnern, dass die Loyalität dem preußischen König gebührt - und niemand anderem. Insofern hat diese Kirche auch eine kirchenpolitische Besonderheit. Aufgehängt hat man übrigens beide Lichter, in der Regel brennt aber das größere, das vom Preußenkönig.
Frage: Sie machen in Sankt Peter und Paul Kirchenführungen. Wie wird das angenommen?
Wawrzyniak: Für eine Führung sind 45 Minuten angesetzt, aber meist dauert es länger, weil die Besucher noch weitere Fragen haben. Wir haben vier Kirchenführer, die eigens eine einjährige Ausbildung mit 120 Stunden durchlaufen haben. Das Interesse ist auf jeden Fall groß und lebhaft.