Entgegen der Anordnung des Vatikan

Verbannter Klostergründer Bianchi immer noch bei seiner Gemeinschaft

Veröffentlicht am 15.08.2020 um 10:04 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Wegen Spannungen mit seinem Nachfolger hatte der Vatikan verfügt, dass Enzo Bianchi die von ihm gegründete klösterliche Gemeinschaft Bose zeitweilig verlassen muss. Nun heißt es, Bianchi sei immer noch dort – doch er selbst dementiert das.

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Der italienische Klostergründer Enzo Bianchi (77) hält sich entgegen einer vatikanischen Anordnung weiter am Sitz seiner Gemeinschaft Bose auf. Das bestätigte das Büro des Priors am Freitag ohne Angabe von Gründen. Mitte Mai hatte der Vatikan nach Ermittlungen in Bose eine zeitweilige Entfernung von Bianchi und drei weiteren Mitgliedern aus der Gemeinschaft verfügt. Hintergrund waren interne Spannungen nach dem Übergang der Leitung von Bianchi auf seinen 2017 gewählten Nachfolger Prior Luciano Manicardi.

Laut italienischen Medien folgten drei der Gemaßregelten der Aufforderung der Kirchenleitung. Bianchi wies das vatikanische Dekret zurück, willigte aber nach dreitägigen Verhandlungen Anfang Juni ein.

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Bianchi selbst dementiert Berichte, wonach er sich immer noch bei der Gemeinschaft aufhalte. "Ich bin seit drei Monaten weg von der Gemeinschaft, ohne Kontakt zu ihr zu haben", teilte er am Samstag via Twitter mit. Er lebe "in radikaler Einsamkeit in einer Einsiedelei außerhalb der Gemeinschaft". Da er sich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr selbst versorgen könne, sehe ein Mitbruder regelmäßig nach ihm.

Bianchi gehört zu den bekanntesten geistlichen Autoren Italiens. Er hatte Bose 1965 als junger Wirtschaftswissenschaftler unter dem Eindruck der Studentenbewegung und des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) gegründet. Die Gemeinschaft von Männern und Frauen in den Hügeln östlich von Ivrea (Piemont) gilt als ein Neuaufbruch des Klosterlebens in der katholischen Kirche. Sie verbindet Traditionen des westlichen und östlichen Mönchtums und etablierte sich zugleich als ökumenisches Zentrum. Ihr gehören nach Angaben von Bose derzeit rund 90 Männer und Frauen aus sechs Nationen an. (mal/KNA)

15.8., 13:50 Uhr: ergänzt um Bianchis Reaktion.