Belarus verweigert katholischem Minsker Erzbischof die Einreise
Die belarussischen Behörden haben am Montag dem katholischen Minsker Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz die Rückkehr von Polen nach Belarus verweigert. Er sei ohne Angaben von Gründen am Grenzübergang in Kuznica Bialostocka abgewiesen worden, sagte Kondrusiewicz der polnischen katholischen Nachrichtenagentur KAI. Er betonte seine belarussische Staatsbürgerschaft.
Kondrusiewicz ist Vorsitzender der katholischen Bischofskonferenz von Belarus und seit 2007 Erzbischof von Minsk. Wegen einer Dienstreise hielt er sich nach Informationen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) seit etwa einer Woche im Nordosten Polens auf. Der Erzbischof hatte die Gewalt der Polizei in Belarus gegen friedliche Demonstranten verurteilt und die Staatsführung des Landes kritisiert.
Drohung Lukaschenkos
Präsident Alexander Lukaschenko hatte den Kirchen des Landes vor einigen Tagen mit Konsequenzen gedroht, wenn sie sich in die Politik einmischten. "Der Staat wird dem nicht mit Gleichgültigkeit zusehen", warnte er. Geistliche, die die Demokratiebewegung unterstützten, sollten sich "schämen". Politik sei in Kirchen fehl am Platz. Dort solle nur gebetet werden.
Kondrusiewicz wurde im Januar 1946 im Dorf Adelsk im Westen von Belarus nahe der Grenze zu Polen geboren. Erst mit 30 Jahren entschied er sich für den Priesterberuf, nachdem er fünf Jahre als studierter Maschineningenieur in einem litauischen Werk Schleifmaschinen montiert und konstruiert hatte. Unter Papst Johannes Paul II. (1978-2005) wurde er 1989 zum Bischof geweiht, nur acht Jahre nach seiner Priesterweihe.
Von 1991 bis zur Rückkehr in seine Heimat Belarus 2007 wirkte Kondrusiewicz als Erzbischof in Moskau. Dort organisierte er den Wiederaufbau der katholischen Kirche - wie bereits von 1989 bis 1991 als Apostolischer Administrator in Minsk.
Am Dienstag wies Lukaschenko den Vorwurf einer Unterdrückung von Kirchen im Land zurück. Er werde keinen Angriff auf irgendeine Kirche in Belarus dulden, sagte er laut der staatlichen Nachrichtenagentur Belta. Jeder Belarusse könne Gotteshäuser besuchen und die Kirchen könnten weiter tätig sein.
In Minsk versammelten sich am Montagabend etwa zwei Dutzend Menschen vor der katholischen Kathedrale und solidarisierten sich mit Kondrusiewicz. Sie hielten Fotos des Erzbischofs und Zettel mit Buchstaben in ihren Händen, die zusammen das Wort "Wir warten" ergaben, wie unabhängige Medien berichteten. Die Polizei habe die Demonstration aufgelöst. Rechtsexperten sagten dem Nachrichtenportal tut.by, Belarus dürfe Staatsbürgern die Einreise nicht verwehren.
Die katholische Kirche in Belarus erlebt seit gut einer Woche staatliche Repressionen. Der staatliche Hörfunk brach an den vergangenen beiden Sonntagen mit der langen Traditon, die Messe aus der Minsker Kathedrale live zu übertragen. Mit der Streichung des Gottesdienstes aus seinem Program will der Sender laut Beobachtern ausschließen, dass mögliche Kritik an der Staatsführung ausgestrahlt wird. Vor knapp einer Woche sperrten Polizisten der Spezialeinheit Omon rund 100 Menschen für etwa 40 Minuten in einer katholischen Kirche am zentralen Unabhängigkeitsplatz ein. Darunter waren Dutzende friedliche Demonstranten, die dorthin vor der Spezialeinheit geflohen waren.
Das katholische Osteuropahilfswerk Renovabis hat die Einreisesperre für Kondrusiewicz verurteilt. Renovabis-Hauptgeschäftsführer Christian Hartl sprach am Dienstag in Freising von einer "schwerwiegenden Verletzung des elementaren Menschenrechts auf Reisefreiheit". Die Bundesregierung und die Europäische Union müssten alles in ihrer Macht Stehende tun, damit die belarussische Regierung dieses Verbot umgehend aufhebt.
Gleichzeitig bestätigte Lukaschenko das Einreiseverbot. Er begründete es am Dienstag damit, dass Kondrusiewicz plötzlich nach Polen ausgereist sei und dort bei Konsultationen "bestimmte Aufträge" bekommen habe. "Wir wollen die Angelegenheit untersuchen", so Lukaschenko. "Wenn alles in Einklang mit dem Gesetz ist, werden wir entsprechend handeln." Kondrusiewicz sei nicht als einziger in die Liste der Personen aufgenommen worden, die nicht nach Belarus einreisen dürften, jedoch eine "bekanntere Person". (cph/KNA)
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1.9., 15.20 Uhr: Ergänzt um den zehnten Absatz