EKD: "Sea-Watch 4"-Festsetzung "unverantwortlicher Akt der Willkür"
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat die Festsetzung des Rettungsschiffs "Sea-Watch 4" durch italienische Behörden im Hafen von Palermo scharf kritisiert. "Wer Seenotrettung behindert, nimmt billigend im Kauf, dass Menschen ertrinken. Ein Europa, das sich auf christliche Werte beruft, darf das nicht akzeptieren", sagte der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, laut Pressemitteilung am Montag. "Unter dem Vorwand der Schiffssicherheit soll ganz offensichtlich die Rettung von Menschen aus Seenot verhindert werden", so der bayerische Landesbischof weiter.
In der Nacht auf Sonntag war das von der evangelischen Kirche initiierte Rettungsschiff "Sea-Watch 4" im Hafen von Palermo in Italien festgesetzt worden. Der Hauptvorwurf der italienischen Behörden laute, die Rettung von Menschenleben entspreche nicht der Registrierung des Schiffes, teilte am Sonntag der Verein "United4Rescue" mit, der für die Finanzierung des Schiffes zuständig ist. Das Schiff habe zu viele Rettungswesten an Bord und das Abwassersystem sei nicht für die Anzahl der geretteten Personen ausgelegt, so der Vorwurf der Behörden.
"Die fadenscheinigen Begründungen zeigen erneut, dass es sich nicht um die Überprüfung der Schiffssicherheit handelt, sondern um eine gezielte Verhinderung ziviler Seenotrettung im zentralen Mittelmeer", so Philipp Hahn, Einsatzleiter auf der "Sea-Watch 4". Tatsächlich erfülle das ehemalige Forschungsschiff aber alle Sicherheitsvorgaben des deutschen Flaggenstaates, wie die deutschen Behörden erst im Juli bestätigt hätten, hieß es in der Erklärung. Man warte nun ab und informiere derzeit die Bündnispartner in Deutschland, sagte eine Sprecherin von "United4Rescue" katholisch.de.
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Mit der Festsetzung der "Sea-Watch 4" hätten die Behörden das fünfte zivile Seenotrettungsschiff in fünf Monaten blockiert, sagte Bedford-Strohm. "Gemeinsam mit mehr als 600, zum Teil internationalen Bündnispartnern von United4Rescue, verurteilen wir diesen unverantwortlichen Akt der Willkür aufs Schärfste und fordern die italienischen Behörden auf: Lasst die Schiffe frei!" Seinen Forderungen schloss er einen Appell an die deutsche Ratspräsidentschaft an, ihr Amt zu nutzen, um die italienischen Behörden von der Schiffsblockade abzubringen und mit Druck für eine staatliche organisierte Seenotrettungsmission im Mittelmeer einzusetzen. "Die jetzige Politik kostet Menschenleben", so der EKD-Ratsvorsitzende.
Die "Sea-Watch 4" war Mitte August zu einem ersten Rettungseinsatz aufgebrochen, um im Mittelmeer Flüchtlinge aus Seenot zu retten. Nach EKD-Angaben wurden so bisher 353 Menschen gerettet. "Jedes einzelne gerettete Leben rechtfertigt diesen Einsatz", sagte ein EKD-Sprecher gegenüber katholisch.de
Das Aktionsbündnis "United4Rescue" war Anfang Dezember von der EKD initiiert worden. Neben vielen evangelischen Organisationen und Gemeinden sind auch katholische Verbände dabei, etwa der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ). Zudem hatte der Münchener Kardinal Reinhard Marx 50.000 Euro für das Schiff gespendet. Der Impuls zur Entsendung eines weiteren Schiffs war vom evangelischen Kirchentag im Juni 2019 ausgegangen. (cbr)