Schulbuch schreibt Bibel um: Jesus steinigt Ehebrecherin
Ein Schulbuch zu Wirtschaftsethik und -recht für Berufsschulen sorgt mit einer grob verfälschten Wiedergabe einer biblischen Erzählung für Empörung unter Chinas Christen. Wie die Nachrichtenplattform “UCANews” am Dienstag berichtete, werde in dem Buch die Perikope von Jesus und der Ehebrecherin aus dem Johannesevangelium erzählt. Zwar vergibt auch in der chinesischen Version Jesus die Sünden der Frau und sagt: "Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie". Anders als im Evangelium endet die Geschichte im Schulbuch jedoch damit, dass Jesus selbst die Ehebrecherin steinigt und dabei sagt: "Auch ich bin ein Sünder, aber wenn das Gesetz nur von makellosen Menschen umgesetzt werden könnte, dann wäre das Gesetz tot." Tatsächlich endet die Perikope damit, dass Jesus der Frau versichert, dass auch er sie nicht verurteilt: "Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!"
Die Öffentlichkeit wurde durch ein Posting in Sozialen Medien auf die Darstellung des Schulbuchs aufmerksam. “UCANews” zitiert ein Posting eines Katholiken, der die verfälschte biblische Erzählung als "Beleidigung der katholischen Kirche" bezeichnete: "Alle sollen wissen, dass die chinesische kommunistische Partei schon immer versucht hat, die Geschichte der Kirche falsch darzustellen, unsere Kirche zu verleumden und Menschen zum Hass auf unsere Kirche anzustacheln. Recherchen von “UCANews” bestätigen die Authentizität der Passage in dem vom Verlag der Universität für Elektronik und Technologie in Chengdu herausgegeben Buch. Laut einem christlichen Berufsschullehrer könne der Inhalt des Buches aber je nach Region unterschiedlich sein. Vor Veröffentlichung sei es üblich, solche Bücher durch die zuständige staatliche Schulbuchkommission zu prüfen.
Trotz der Annäherung zwischen dem Heiligem Stuhl und der Volksrepublik China durch ein Abkommen über die Rolle der Kirche in China, dessen Verlängerung derzeit diskutiert wird, ist die Lage für Christen und andere Minderheiten in China prekär. Die Volksrepublik verfolgt ein Programm der "Sinisierung" von Religionen. 2018 hatte die Religionsbehörde ein Dokument mit dem Titel "Prinzipien zur Förderung des chinesischen Christentums in China für die kommenden fünf Jahre" veröffentlicht. Darin wird als eine der größten Aufgaben der Behörde die Förderung eines "Christentums und einer Theologie nach chinesischem Stil" genannt. Dies solle unter anderem durch Neuinterpretationen und neue Übersetzungen der Bibel erreicht werden. Im vergangenen Jahr war bekannt geworden, dass auch Klassiker der Literatur entsprechend bearbeitet wurden, um unter anderem religiöse Bezüge zu entfernen. (fxn)