Sparzwang: Bistum Mainz gibt Schulen auf und schließt Tagungshäuser
Das Bistum Mainz hat aufgrund seit Jahren sinkender Finanzmittel angekündigt, mehrere Schulen aufzugeben und drei Tagungshäuser zu schließen. Bei insgesamt fünf der 18 katholischen Schulen werde die Trägerschaft nicht fortgeführt und bei einer die Konzeption verändert, sagte Bischof Peter Kohlgraf am Mittwoch während einer Pressekonferenz in Mainz. Anders als die Tagungshäuser sollen die Schulen allerdings nicht geschlossen werden, sondern in staatliche Trägerschaft übergehen. Nach bereits erfolgten ersten Gesprächen würden jetzt konkrete Verhandlungen mit den politisch Verantwortlichen folgen. Das Bistum erhofft sich durch die Maßnahmen jährliche Einsparungen in Höhe von rund 15 Millionen Euro sowie ausbleibende Investitionen etwa für den Gebäudeerhalt und nicht mehr benötigte Pensionsrückstellungen.
"Es sind schmerzhafte Einschnitte, die wir auf verschiedenen Ebenen des Bistums vornehmen müssen", betonte Kohlgraf. Allein von 2018 auf 2019 sei die Zahl der Katholiken es im Bistum Mainz um fast 16.000 gesunken. Eine Umkehrung dieses Trends könne er nicht beobachten. Neben den Kirchenaustritten trügen auch die allgemeine demografische sowie die aktuelle Entwicklung der Finanzmärkte dazu bei, "dass die finanzielle Tragfähigkeit der Diözese Mainz erheblich sinken wird". Man wolle die Zukunft des Bildungs- und Tagungsbereiches daher zu einer Zeit gestalten, "in der wir noch gestalten können. Und nicht erst dann, wenn uns fehlende finanzielle Mittel dazu zwingen." Die Maßnahmen hätten daher zeitgleich zum Ziel, "im Rahmen unserer Möglichkeiten eine gute und tragfähige Zukunft für die verbleibenden Schulen" zu schaffen. Auch die übrigen Tagungshäuser will das Bistum stärken und profilieren.
Bis zu 50 Millionen Euro insgesamt pro Jahr sparen
Generalvikar und Weihbischof Udo Bentz erklärte, dass der Haushalt des Bistums Mainz bereits seit mehreren Jahren defizitär sei. "Im aktuellen Haushaltsjahr 2020 rechnen wir mit einem negativen Ergebnis von rund 32 Millionen Euro", so der Ökonom der Diözese. Bereits im Jahr zuvor fehlten rund 24 Millionen Euro. Für das Jahr 2021 rechnet Bentz wegen der Corona-Krise und der Rezession in Deutschland sogar mit einem Verlust von rund 42 Millionen Euro – Tendenz steigend. Seit dem Wechsel in der Bistumsleitung sei von den Experten immer klar benannt worden, dass das Bistum "über seine Verhältnisse" lebe, so Bentz. Um dauerhaft eine solide und verantwortungsvolle Haushaltsplanung vorlegen zu können, müsse die Diözese daher schrittweise 20 bis 25 Prozent seiner Ausgaben einsparen. Bis 2030 bedeute das mehr als 50 Millionen Euro Einsparungen pro Jahr.
Der Generalvikar machte deutlich, dass der Bildungsbereich den größten Posten im Bistumshaushalt ausmache: Von den erwarteten Kirchensteuereinnahmen in Höhe von 232,6 Millionen Euro gehen im laufenden Wirtschaftsplan für das Jahr 2020 insgesamt 68,2 Millionen Euro in den Bereich Schulen, Hochschulen und Religionsunterricht. "Besonders schmerzhaft ist es, dass das Bistum sich in dieser Umbruchsituation auch von gut laufenden Einrichtungen trennen muss. In den Schulen und Häusern, die auf Zukunft hin nicht mehr vom Bistum verantwortet werden, wird eine sehr gute Arbeit von engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geleistet", so Bentz.
Konkret sollen für die Liebfrauenschule Bensheim, für die Hildegardisschule Bingen, die Martinus-Grundschule und das Ketteler-Kolleg und -Abendgymnasium (beide in Mainz) neue staatliche Träger gefunden werden. Für das Theresianum in Mainz will das Bistum ebenfalls die Trägerschaft abgeben, aber nach Partnern für eine kirchliche Stiftung suchen. Bei der "Grund- und Realschule plus" in Mainz soll der Grundschulzweig aufgegeben werden. Die Auswahl der Schulen sei auf der Basis mehrerer Entscheidungskriterien erfolgt, erklärte Bildungsdezernent Gereon Geissler. Dazu zählten betriebswirtschaftliche, personalpolitische, regionale und pastorale Sichtweisen. Zeitgleich sei es dem Bistum wichtig gewesen, "die Schulstruktur in ihrer Bandbreite weiterhin beispielhaft im Bistum abzubilden". Nun sei man auf die beiden Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz, die jeweiligen kommunalen Gebietskörperschaften, aber auch auf andere freie Träger angewiesen, mit denen man bereits "in guten Gesprächen" sei. Ein möglicher Trägerwechsel könnte zum Schuljahr 2022/23 erfolgen.
Sparmaßnahmen im Bildungs- und Tagungsbereich nur erster Schritt
Die von der Schließung betroffenen Tagungshäuser sind das Haus am Maiberg in Heppenheim, das Kardinal-Volk-Haus auf dem Rochusberg in Bingen (beide Ende 2022) sowie das Haus St. Gottfried in Ilbenstadt, das bereits Ende 2020 aufgegeben wird. Laut Bistum steht hier neben finanziellen Gründen eine "Konzentration und Neuausrichtung der pastoralen Arbeit" im Fokus. Eine besondere Rolle soll dabei das Kloster Jakobsberg einnehmen. Dort will man in Zusammenarbeit mit den Missionsbenediktinern von St. Ottilien ein geistliches Zentrum für die Diözese Mainz entwickeln.
Die Sparmaßnahmen im Bildungs- und Tagungsbereich sind nur ein Aspekt der Neustrukturierungen im Bistum Mainz. Im Zuge des im Sommer 2019 begonnenen Pastoralen Wegs sollen die bislang 134 Seelsorgeeinheiten zu rund 50 Pfarreien fusionieren. Die 207 Kindertagesstätten, die sich noch überwiegend in Trägerschaft der Pfarrgemeinden befinden, werden in einen neuen Zweckverband überführt. Auch hier ist nicht auszuschließen, dass sich die Diözese künftig von einzelnen Einrichtungen trennen wird. Für Ende 2022 kündigte das Bistum zudem eine "Neujustierung" im Akademiebereich an. Ebenso sind die Zuweisungen für die Caritas bereits gesunken und die Verbeamtung in der Diözese weggefallen, um Kosten zu sparen. Die Corona-Krise hat zusätzlich zu einer kompletten Haushaltssperre geführt. (bod)