Vom kraftvollen Segen der Wut
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Impuls von Schwester Birgit Stollhoff
"Ich habe es in dem Moment nicht erkannt, aber von Apple gefeuert zu werden, war das Beste, was mir je passiert ist." So liest sich die Gründungsgeschichte des amerikanischen Technologieunternehmens "Apple", genauer gesagt, des Gründers Steve Jobs. "Aber niemals hat man in der Kirche Gottes davon gehört, dass Frauen, noch dazu Halbwüchsige wie diese, sich seelsorgerlicher Arbeit gewidmet haben." So liest sich eine andere Gründungsgeschichte, die meines Ordens, kurz bevor er 1631 aufgelöst wurde.
Das Evangelium heute erzählt eine grimmige Geschichte. Von einem Unternehmer, der ein gutes Stück Land besitzt, dies bestens ausstattet und dann den falschen Leuten anvertraut. Von Menschen, die den von ihnen geforderten Ertrag nicht bringen wollen und darauf aggressiv werden. Dritte sollen vermitteln und werden selber Opfer, schließlich endet es in einer familiären Tragödie und Vernichtung.
Da kann man nichts schönreden. Und das tut Jesus auch nicht. Jesus weiß um die Gewalt, um die Machtkämpfe, um Neid und Missgunst. Er weiß, dass wir alle Opfer solcher Gewalt werden können – oder deren Täter. Und Gott reagiert hier nicht neutral, abwägend oder barmherzig. Er ist wütend.
Und das ist das Befreiende an dieser Bibelstelle für mich: Ich darf wütend sein, wenn mir etwas Wichtiges zerstört oder vorenthalten wird, wenn ich selber mit Mobbing oder Hasskommentaren vernichtet werden soll. Wenn mir das, was ich zum Leben brauche oder was ich liebevoll aufgebaut habe, kaputt gemacht wird, wenn ich selber Gewalt oder Unrecht erfahre.
Es gibt auf Spruchpostkarten den Satz: "Hinfallen - aufstehen - Krone richten - weitergehen". Den finde ich oft ganz nett. Manchmal fühle ich mich von der anderen Variante aber besser verstanden: "Hinfallen - aufstehen – Kettensägenmassaker - Krone richten - weitergehen". Nicht weil ich Zerstörung oder Rache richtig finde. Sondern weil ich manchmal genau diese Wut brauche, um weiter zu machen, es besser zu machen, es ganz anders zu machen. Es gibt in der Wut und im Scheitern diesen Punkt, an dem man herausfinden kann, was wirklich wichtig ist. Dieser Stein, diese Eigenschaft, die den Anderen entbehrlich schien und die dann im Weitergehen für mich eine so große Kraft entwickelt.
Jesus sieht hier seine Vernichtung voraus, er sieht seine Auferstehung und er ahnt, wie viel das auch in seiner Umwelt ändert – es werden neue Kreise für den Glauben an den einen Gott angesprochen, es gibt Konflikte mit den etablierten Religiösen, es entstehen neue theologische Fragen und Einsichten. Es braucht Kraft, diesen Verwirrungen standzuhalten. Seine Jünger brauchen Mut, um an seinem schmählichen Kreuzestod nicht selber kaputtzugehen. Dazu erzählt er dieses Gleichnis.
Für Steve Jobs hat sein Scheitern neben dem privaten Glück auch zu einer wichtigen Weiterentwicklung seines Unternehmens "Apple" geführt. Mary Ward konnte nach der Auflösung des Ordens heiter sterben, im Wissen, dass nichts gegen Gott bestehen kann, aber das, was von Gott ist und sein Wille ist, auch in hundert Jahren noch bestehen wird.
Gott will, dass wir Frucht bringen. Dazu ist er parteiisch und bleibt er Anwalt des Lebens, des Leben-Wollens. Gleichzeitig ist unser Gottvertrauen und unsere Kreativität gefordert. Es gibt nie nur diesen einen Weg und diesen einen Zeitraum, sondern wir können Gott vertrauen, dass es nach dem Scheitern andere Wege und Möglichkeiten für uns gibt und dass er uns die nötige Stärke dafür schenkt.
Evangelium nach Matthäus (Mt 21,33–42.44.43)
In jener Zeit sprach Jesus zu den Hohepriestern und den Ältesten des Volkes: Hört noch ein anderes Gleichnis: Es war ein Gutsbesitzer, der legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land.
Als nun die Erntezeit kam, schickte er seine Knechte zu den Winzern, um seine Früchte holen zu lassen. Die Winzer aber packten seine Knechte; den einen prügelten sie, den andern brachten sie um, wieder einen anderen steinigten sie. Darauf schickte er andere Knechte, mehr als das erste Mal; mit ihnen machten sie es genauso.
Zuletzt sandte er seinen Sohn zu ihnen; denn er dachte: Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben. Als die Winzer den Sohn sahen, sagten sie zueinander: Das ist der Erbe. Auf, wir wollen ihn umbringen, damit wir sein Erbe in Besitz nehmen. Und sie packten ihn, warfen ihn aus dem Weinberg hinaus und brachten ihn um.
Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt: Was wird er mit jenen Winzern tun? Sie sagten zu ihm: Er wird diese bösen Menschen vernichten und den Weinberg an andere Winzer verpachten, die ihm die Früchte abliefern, wenn es Zeit dafür ist.
Und Jesus sagte zu ihnen: Habt ihr nie in der Schrift gelesen: Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden; vom Herrn ist das geschehen und es ist wunderbar in unseren Augen? Und wer auf diesen Stein fällt, wird zerschellen; auf wen der Stein aber fällt, den wird er zermalmen.
Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die Früchte des Reiches Gottes bringt.