Ein Widerspruch bereitet Sorgen
Das vom Seelsorgeamt der Erzdiözese verbreitete Papier gebe wichtige Impulse, betonte Bischof Gebhard Fürst am Mittwoch in Rottenburg. Allerdings greife es einer mit allen Bischöfen in Deutschland und mit dem Papst abgestimmten Lösung vor. Fürst verwies ausdrücklich auf einen Brief von ihm an Bischof Franz-Josef Bode , den Vorsitzenden der Arbeitsgruppe "Wiederverheiratete Geschiedene" der Deutschen Bischofskonferenz, vom Juni. Darin bemängelt er den Umgang der Kirche mit Betroffenen. Sie fühlten sich "oftmals nicht als vollwertig in der Kirche akzeptiert oder gar zurückgestoßen".
Vor allem ein Widerspruch macht dem Rottenburger Bischof Sorgen. Die den Betroffenen verweigerte Kommunion werde einerseits als Zentrum christlich-kirchlicher Existenz gepredigt. Andererseits sollten sich diese dennoch nicht als von der Kirche getrennt betrachten, so Fürst.
In seinem Brief wünscht er sich eine lebensnähere Betrachtung der gesellschaftlichen Entwicklungen und der konkreten Situation wiederverheirateter Geschiedener. Dabei solle jedoch "die Normvorstellung von ehelicher Bindung und Treue" nicht verletzt werden.
Domdekan: Basis ist das Sakrament der Ehe
Der Rottenburger Bischof verweist in seinem Brief auf die Diözesansynode von 1985/86, die auf "die schwierige Situation der Seelsorger und Gemeinden" hingewiesen hat. Schon damals habe man nach "einheitlichen pastoralen Wegen" gesucht, "wie diesen Ehepartnern in ihrer Situation geholfen werden kann". Fürst bittet die Bischofskonferenz, ihre Spielräume zu nutzen. Sollte es auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz nicht zu einer einheitlichen Ordnung kommen, so erwäge er, "für die Diözese Rottenburg-Stuttgart ortskirchliche Regelungen zu treffen".
Im Interview mit der "Badischen Zeitung" erklärte der Freiburger Domdekan Andreas Möhrle, dass man mit der Handreichung "gemeinsame Wege mit Betroffenen" gehen wolle, dabei aber das Recht und die Lehre der Kirche im Blick behalte. "Unsere Basis ist das Sakrament der Ehe, daran gibt es nichts zu rütteln", so Möhrle. Das Wichtige sei aber, dass alle Gläubigen ihren Glauben leben können – auch Geschiedene, die wieder heiraten. Da sehe man sich "ganz im Einklang mit Papst Franziskus".
Dass er und nicht Erzbischof Robert Zollitsch das Papier unterschrieben habe, sei völlig normal, so der Domdekan. "Im Seelsorgeamt entstehen unterschiedliche pastorale Publikationen, die entweder vom Rektor oder auf der Ebene der Abteilungsleiter unterzeichnet werden", sagte Möhrle der Zeitung.
Das Feedback von Familie, Freunden, Bekannten und Kollegen aus dem Seelsorgeamt sei positiv: "Im Rahmen dessen, was theologisch möglich ist, wird unsere Handreichung als ermutigendes Signal betrachtet."
Vatikan kündigt zweite Synode an
Mut machen will auch der Präsident des Päpstlichen Familienrates, Vincenzo Paglia. "Geschiedene stehen nicht außerhalb der Kirche und ihre Diskriminierung muss aufhören", sagte er am Mittwoch im Interview mit dem italienischen Radiosender "Rai Uno". Er bat um mehr Verständnis für Katholiken, deren Ehe gescheitert sei. "Leider gibt es Priester und auch normale Leute, die Geschiedene feindlich und kalt behandeln. Das wird sich sicher ändern", versprach Paglia.
Einen Tag nachdem Papst Franziskus für 2014 eine Familiensynode ankündigte, erklärte der Präsident des Päpstlichen Familienrates, dass 2015 eine weitere Synode zum selben Thema geplant sei.
Von Björn Odendahl