Kirchen bei Protesten in Santiago de Chile niedergebrannt
Bei gewaltsamen Demonstrationen in Santiago de Chile sind am Sonntag (Ortszeit) zwei Kirchen Ziel von Brandanschlägen geworden. Bei einer Schießerei zwischen Polizeikräften und Demonstranten im Ortsteil La Victoria wurde laut lokalen Medienberichten zudem ein Mensch getötet. Insgesamt wurden landesweit mehr als 580 Menschen verhaftet. Außerdem kam es in verschiedenen Landesteilen zu Plünderungen und Sachbeschädigungen. Auch soll es zu Ausschreitungen rivalisierender Fangruppen von Fußballclubs gekommen sein.
Laut Mitteilung des internationalen katholischen Hilfswerks "Kirche in Not" (Montag) handelt es sich bei den Gotteshäusern um die Kirche "San Francisco de Borja" und die Mariä-Himmelfahrts-Kirche, einer der ältesten Sakralbauten der chilenischen Hauptstadt aus dem Jahr 1876. Der dortige Pfarrer Pedro Narbona sei zudem der geistliche Assistent des chilenischen Nationalbüros von "Kirche in Not". Die Gotteshäuser wurden demnach von Demonstranten angegriffen, verwüstet und in Brand gesteckt. Eine Kirche soll laut Medienberichten komplett zerstört worden sein.
Santiagos Erzbischof Celestino Aos verurteilte noch am Sonntagabend die Ausschreitungen. "Gewalt ist schlecht. Und wer Gewalt sät, wird Zerstörung, Schmerz und Tod ernten. Wir werden niemals irgendeine Art von Gewalt rechtfertigen", zitierten ihn chilenische Medien.
Hilfswerk verurteilt Attacken
Der geschäftsführende Präsident von "Kirche in Not", Thomas Heine Geldern, zeigte sich ebenfalls bestürzt über die Vorfälle. Die Ereignisse zeigten, wie weit die von einigen Gruppen geförderte Gewalt und der Hass reichen könnten. Nichts rechtfertige die Angriffe auf Kirchen oder gegen den Glauben und die Überzeugungen anderer, um soziale, ethische oder wirtschaftliche Gerechtigkeit zu verteidigen. Es sei legitim, soziale Veränderungen zu fordern und dafür auf die Straße zu gehen, so der Präsident. Aber ungezügelter Hass auf religiöse Gruppen erzeuge Gewalt und Zerstörung und sollte deshalb weltweit verurteilt werden. Zudem forderte er die chilenische Regierung auf, den Schutz religiöser Gebäude vor solchen Verbrechen zu gewährleisten.
Chile wird seit Monaten von Unruhen erschüttert. Die Demonstrationen entzündeten sich im Oktober 2019 zunächst an einer Fahrpreiserhöhung für die Metro und weiteten sich zu Forderungen nach einer Verfassungsänderung und einer anderen Sozialpolitik aus. Die aktuelle Verfassung stammt noch aus der Zeit der Militärdiktatur von General Augusto Pinochet (1973-1990). Sie wurde von den Sicherheitskräften unter anderem dafür verwendet, hart gegen Regierungsgegner sowie demonstrierende Ureinwohner, die Mapuche, vorzugehen. Am kommenden Sonntag wird in Chile darüber abgestimmt, ob eine neue Verfassung ausgearbeitet werden soll. Nach Angaben von "Kirche in Not" wurden in Chile seit Oktober 2019 mehr als 57 kirchliche Einrichtungen angegriffen und niedergebrannt. (tmg/KNA)