Religionsführer mit gemeinsamem Appell: "Nie wieder Krieg!"
Bei einem Friedenstreffen am Dienstagabend in Rom haben Papst Franziskus und andere Religionsvertreter Gläubige aller Religionen zu noch mehr Einsatz für Frieden aufgerufen. Kriegen und Konflikten, die durch die Pandemie verschärft wurden, ein Ende zu setzen, sei insbesondere "eine unaufschiebbare Pflicht aller politischen Verantwortungsträger", so Franziskus. Gott werde jeden dementsprechend "zur Rechenschaft ziehen". Es ist die erste öffentliche Veranstaltung seit Beginn des Lockdown in Italien, zu der Franziskus den Vatikan verlassen hat.
Die Welt habe heute "einen brennenden Durst nach Frieden", so der Papst weiter. Allerdings könne kein Volk Frieden, Sicherheit und Glück allein erreichen. Frieden sei nur durch Kooperation, Dialog und Geschwisterlichkeit möglich, lautete eine durchgehende Mahnung auch aller anderen Sprecher aus Judentum, Hinduismus und Buddhismus. Zudem, so der Papst weiter, zeige das Treffen in Rom deutlich, "dass die Religionen keinen Krieg wollen, sondern vielmehr alle, die Gewalt religiös zu verklären suchen, Lügen strafen".
Großimam Ahmad Al-Tayyeb von Kairo verurteilte in einer verlesenen Rede den islamistischen Terroranschlag von Paris. Als Großimam der Al-Azhar erkläre er "vor dem allmächtigen Gott, dass ich mich sowie die Lehren des Islam und des Propheten von dieser abscheulichen kriminellen Tat distanziere und von allen, die solche abweichenden, falschen Gedanken annehmen".
Trügerisches Versprechen der Globalisierung
Gleichzeitig verurteilte er es, wenn "unter dem Slogan der Meinungsfreiheit" Religionen beleidigt und ihre Symbole missbraucht würden. Im Übrigen habe die Pandemie die trügerischen Versprechen der bisherigen Globalisierung entlarvt. Stattdessen gelte es, sich gegen die mit ihr verbundene Ausbeutung, kulturelle Gleichmacherei und Diskriminierung zu wehren. Es sei eine Zeit für eine neue Globalisierung, die auf Geschwisterlichkeit beruhe.
„Es ist erneut Zeit für die kühne Vision, dass Friede möglich ist, dass eine Welt ohne Krieg keine Illusion ist.“
Patriarch Bartholomaios I., Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, forderte angesichts der Pandemie neue Maßnahmen gegen die ökologische Krise des Planeten. "Die Zeit der ökologischen Moden, ihrer Idealisierung oder schlimmer noch, ihrer Ideologisierung, ist vorbei", so Bartholomaios. Es sei Zeit, endlich zu handeln. Dazu gehöre es auch, "eine rein säkulare soziokulturelle Ordnung" zu untergraben und in ihr "das göttliche Fragment" zu spüren.
Nach den Ansprachen der Religionsvertreter wurde in einer Schweigeminute der Toten der Pandemie und der Kriege in diesem Jahr gedacht. In einem abschließend unterzeichneten Friedensappell heißt es: "Es ist erneut Zeit für die kühne Vision, dass Friede möglich ist, dass eine Welt ohne Krieg keine Illusion ist." Darin appellieren die Unterzeichner "an die Regierenden, die Sprache der Spaltung zurückzuweisen, die sich oft aus Gefühlen der Angst und des Misstrauens nährt".
Zu Beginn des Treffens hatte jede Glaubensgemeinschaft für sich ein Friedensgebet in der eigenen Tradition gehalten. An dem von der Gemeinschaft Sant'Egidio jährlich organisierten interreligiösen Treffen, das wegen der Pandemie auf einen Nachmittag verkürzt worden war, nahmen nach Veranstalterangaben rund 600 geladene Gäste physisch teil. Zudem hätten weltweit Tausende die Live-Übertragung im Internet verfolgt. (KNA)