Theologe: Krise der Kirche geht mit Krise "weißer Männer" einher
Die beiden großen Kirchen sollten sich nach Meinung des Soziologen und evangelischen Theologen Reimer Gronemeyer von der Herrschaft "weißer, alter Männer" befreien. Nur dann hätte die Kirche, ob evangelisch oder katholisch, eine Zukunft, sagte Gronemeyer am Sonntag dem Deutschlandfunk. Ihm scheine es, als wenn die Krise der Kirche auch mit der Krise des "weißen Mannes" einhergehe, "der ja großartige Dinge zustande gebracht hat, aber im Moment eigentlich in den letzten Jahren und Jahrzehnten vor allen Dingen mit daran wirkt, diesen Planeten zu einem unbewohnbaren Ort zu machen".
Er gehe davon aus, dass in beiden Kirchen in Zukunft Priesterinnen und Bischöfinnen ganz selbstverständlich würden. Damit sei aber noch nicht alles gerettet, schränkte Gronemeyer zugleich ein. "Die Möglichkeit, dass Frauen denselben Schrott dann machen, wie Männer ihn gemacht haben, die ist natürlich da." Wenn sich aber beispielsweise in Afrika Menschen darum bemühten, Waisenkinder zu retten oder Hunger zu bekämpfen, "dann sind das eher die Frauen als die Männer". Damit verbinde er die Hoffnung, "dass Kirche eine Zukunft hat, wenn sie in die Hände der Frauen gerät", sagte der Professor für Soziologie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen.
Den Kirchen in Deutschland prophezeite Gronemeyer wegen des Rückgangs der Kirchensteuerzahler "große ökonomische und auch wohl kulturelle Krisen". Er sei sich jedoch fast sicher, "dass die Sehnsucht nach Spiritualität, nach der Erfahrung des ganz Anderen, nicht mit dem Aussterben der Kirchensteuer zusammengeht". Stattdessen hoffe er, "dass es eine große Chance ist, in der etwas aufbricht, was jetzt vielleicht schon unter den Trümmern begraben zu sein scheint, aber das vielleicht eine große Zukunft hat für eine ganz anders gewordene Kirche". (KNA)