"Eine Art katholische, zivilisatorische Selbstverteidigung"

Rechtsextremer Wachdienst will polnische Kirchen verteidigen

Veröffentlicht am 27.10.2020 um 10:58 Uhr – Lesedauer: 

Warschau ‐ "Wir wollen nicht, dass antizivilisatorische Kreise uns Polen und Katholiken angreifen": Ultrarechte Gruppen kündigen eine "Nationalwache" zum Schutz der katholischen Kirche vor den derzeitigen Ausschreitungen an.

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Ultrarechte Gruppen in Polen haben die Gründung einer "Nationalwache" zum Schutz der katholischen Kirche vor Ausschreitungen angekündigt. "Wir wollen nicht, dass antizivilisatorische Kreise uns Polen und Katholiken angreifen; deshalb bilden wir eine Art katholische, zivilisatorische Selbstverteidigung", sagte Robert Bakiewicz (Montag) mit Blick auf die Proteste gegen die Verschärfung des Abtreibungsgesetzes. Bakiewicz ist Vorsitzender des Vereins, der am polnischen Nationalfeiertag die Unabhängigkeitsmärsche in Warschau veranstaltet.

Den Kern der neuen Wache sollen die Ordnungskräfte des Unabhängigkeitsmarsches bilden. Ihnen könne sich jeder anschließen. "Wir werden jede Kirche, jedes Wohnviertel, jede Stadt und jedes Dorf verteidigen", so Bakiewicz. Man befinde sich "mitten in einer neobolschewistischen Revolution".

Aus Protest gegen die Unterstützung der Kirche für ein fast völliges Abtreibungsverbot hatten Aktivisten am Sonntag mehrere Gottesdienste gestört. Einer in der Kathedrale von Posen (Poznan) musste abgebrochen werden. Zudem wurden Gotteshäuser mit Slogans besprüht und ein Denkmal von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) in einer Kleinstadt geschändet. Anlass war ein Urteil des Verfassungsgerichts, das künftig Schwangerschaftsabbrüche auch bei einer schwerwiegenden Fehlbildung des Fötus verbietet.

Polizeischutz für Bischofsresidenzen und -kirchen

Die Polizei schützte am Wochenende mehrere Bischofsresidenzen und -kirchen vor möglichen Übergriffen von Demonstranten. Auch rechtsgerichtete Aktivisten stellten sich laut polnischen Medienberichten unter anderem vor eine Kirche in Warschau und verwehrten Protestierern den Zutritt.

Die Kirchenleitung rief zu Deeskalation und Dialog auf. Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki, ermunterte am Sonntagabend "alle zum Dialog über die Mittel, mit denen das Recht auf Leben und die Rechte von Frauen geschützt werden können". Zugleich betonte er, vulgäre Ausdrücke, Gewalt, Störungen von Gottesdiensten und Entweihungen seien in einem demokratischen Staat nicht der richtige Weg. Er sei traurig, dass Menschen in vielen Kirchen mit Gewalt gehindert worden seien, ihren Glauben zu bekennen. Frauenrechtsgruppen hatten unter dem Motto "Das Wort zum Sonntag" dazu aufgerufen, den Widerstand gegen die Gesetzesverschärfung in die Kirchen zu tragen.

"Lasst uns keine Spaltungen verursachen, lasst uns nicht dazu beitragen, dass sie zunehmen", sagte Polens Primas Erzbischof Wojciech Polak am Montagabend in einer Videobotschaft. Alle sollten für Frieden und Einheit sorgen. Er kritisierte, dass der Protest manchmal auf sehr gewalttätige und andere verletzende Weise zum Ausdruck gebracht worden sei. "Ich bitte sehr um gegenseitigen Respekt, darum, dass wir keine Grenzen überschreiten, um Respekt für heilige Orte, für unsere Gotteshäuser", so Polak. Letztere sollten Orte der Versöhnung sein. (tmg/KNA)