Forscher: Hoffnung auf ein Jenseits für Tiere steigt
Seit dem 19. Jahrhundert ist der Glaube an ein Leben nach dem Tod von Haustieren gestiegen. Darauf deuten die Ergebnisse einer am Montag veröffentlichten archäologischen Studie zu Tierfriedhöfen in Großbritannien hin. Der Archäologe Eric Tourigny von der Universität Newcastle zeigt in seinem in der Fachzeitschrift "Antiquity" erschienenen Artikel "Do all dogs go to heaven? Tracking human-animal relationships through the archaeological survey of pet cemeteries" ("Kommen alle Hunde in den Himmel? Eine Dokumentation der Beziehungen zwischen Mensch und Tier durch archäologische Tierfriedhofsforschung"), dass seit dem Aufkommen der ersten Tierfriedhöfe Ende des 19. Jahrhunderts die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod für Haustiere zugenommen hat.
Während auf Grabsteinen auf britischen Tierfriedhöfen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg nur verhalten die Möglichkeit eines Nachlebens ausgedrückt wurde, habe die Verwendung religiöser Symbole und Schriftstellen, die eine Auferstehungshoffnung auch für Tiere implizieren, in der jüngeren Vergangenheit zugenommen. Ähnliche Tendenzen ließen sich auch auf Tierfriedhöfen in anderen Ländern nachweisen.
Die zunehmende Jenseits-Hoffnung erkläre sich unter anderem dadurch, dass sich in diesem Zeitraum die Rolle von Tieren in der Familie verändert habe. "Tiere sind von Haustieren und Gefährten immer mehr zu Familienmitgliedern geworden", so der Forscher. Dass im viktorianischen Zeitalter überhaupt Tierfriedhöfe üblicher wurden, liege an dieser Veränderung in der Wahrnehmung von Tieren: "Viktorianische Vorstellungen vom Himmel entwickelten sich hin zu einer Wiederherstellung der Familiengemeinschaft im Jenseits – eine Gemeinschaft, in der der Haushund eine wichtige Rolle spielt", fasst Tourigny familiensoziologische Forschungsergebnisse zusammen.
Am Anfang wurde die Hoffnung auf Tiere im Himmel noch verklausuliert
Während zu Beginn des von dem Archäologen erforschten Zeitraums noch Grabinschriften dominierten, die bestenfalls eine Hoffnung ausdrücken ("Could I think we'd meet again, it would lighten half my pain", "Könnt' ich nur glauben, dass wir uns wiedersehen, die Hälfte meines Schmerzes würd' vergehn", lautet ein dafür typischer Epitaph für einen Hund namens Grit aus dem Jahr 1900), werden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Inschriften üblicher, die eine Gewissheit ausdrücken ("God bless until we meet again", "Gott segne dich, bis wir uns wiedersehen, steht auf dem Grabmal der 1952 gestorbenen "tapferen kleinen Katze" Denny). Zudem nehmen in diesem Zeitraum christliche Symbole zu. Tourigny erklärt das mit einer zunehmenden Pluralisierung der Gesellschaft: "In einer zunehmend säkularen und verschiedenen religiösen Glaubensinhalten gegenüber toleranten britischen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts gab es weniger Zurückhaltung, auch öffentlich den Glauben an eine Seele von Tieren und eine Wiedervereinigung in einem Jenseits auszudrücken", so der Archäologe.
In jüngerer Zeit argumentieren auch christliche Theologen entgegen der klassischen, etwa von Augustinus vertretenen Position, dass Tiere aufgrund ihres Mangels an Vernunft und Seele nicht in den Himmel kommen könnten. Dafür angeführt werden auch Belege aus der Schrift; so heißt es etwa im Römerbrief: "Denn auch sie, die Schöpfung, soll von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes." In seiner Umwelt-Enzyklika "Laudato si” (2015) spricht auch Papst Franziskus von einer Erlösung der ganzen Schöpfung: "Das ewige Leben wird ein miteinander erlebtes Staunen sein, wo jedes Geschöpf in leuchtender Verklärung seinen Platz einnehmen und etwas haben wird, um es den endgültig befreiten Armen zu bringen", heißt es in dem "Jenseits der Sonne" überschriebenen Kapitel. (fxn)