Schönstatt-Generalpräsidium: "Wir haben keine Angst vor der Wahrheit"
Die Schönstatt-Bewegung will sich einer gründlichen historischen Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe gegen ihren Gründer, Pater Josef Kentenich, stellen. Der Vorsitzende des Generalpräsidiums von Schönstatt International, Pater Juan-Pablo Catoggio, betonte in einem Brief an die Schönstatt-Familie vom Freitag, dass man "keine Angst vor der Wahrheit" habe. Mit dem Brief reagiert das Werk auf die Veröffentlichung von Akten unter anderem aus dem Seligsprechungsprozess Kentenichs durch die Historikerin Alexandra von Teuffenbach, über die katholisch.de am Montag berichtet hatte. Laut Catoggio waren die Zeugnisse aus dem Seligsprechungsprozess nur den verantwortlichen Personen bekannt und daher für die Schönstatt-Bewegung "neu und schockierend". Die Anschuldigungen widersprächen "unseren sehr positiven Erfahrungen mit der Person und der Botschaft Pater Kentenichs".
Im Verfahren seien die Unterlagen, die zu den "geheimen Akten des Seligsprechungsprozesses" gehören, "in ihrer Bedeutung ausgewertet und ernst genommen" worden. "Dieser Vorgang geschah, wie in einem Seligsprechungsverfahren üblich, nicht in der Öffentlichkeit", so der Brief. "Niemand ist befugt, Zeugenaussagen aus einer Causa in die Öffentlichkeit zu tragen, wie es leider hier der Fall ist."
Aus Sicht Catoggios genügt die vorgelegte Dokumentensammlung nicht, "um die Wahrheit zu finden". Dafür sei gründliche Forschung erforderlich: "Es geht um mehr als um eine Addition von Anklagen und Verteidigungen und das braucht Zeit, Kompetenz und Sorgfalt. Eine gründliche und verantwortungsvolle historische Aufarbeitung ist die Herausforderung, der wir uns stellen", betont der Vorsitzende. Zugleich versichert er das Interesse des Generalpräsidiums, "dass alles ans Licht kommt". Das sei auch ein Grundanliegen Kentenichs gewesen.
Marienschwestern fordern Überprüfung der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen
Der Brief Catoggios ist die zweite offizielle Reaktion aus der Schönstatt-Bewegung auf die Veröffentlichung. Bereits am Mittwoch hatte die Leitung der Schönstätter Marienschwestern die Dokumentation als "offensichtlich einseitig" bezeichnet und gefordert, die "Glaubhaftigkeit von Aussagen sowie eventuelle Motive, die zu einer Aussage führten" umfassend zu untersuchen.
Die Historikerin Alexandra von Teuffenbach hat in ihrer Dokumentensammlung mit dem Titel "Vater darf das" Briefe und Zeugenaussagen gesammelt, die ein Bild von systematischem Machtmissbrauch durch erniedrigende Rituale und mangelnde Trennung zwischen der Leitung der Gemeinschaft und der seelsorglichen Begleitung ihrer Mitglieder, insbesondere in der Beichte, zeichnet. Die Dokumente stammen zum Teil aus dem erst in diesem Jahr geöffneten römischen Archiven aus dem Pontifikat von Papst Pius XII. (1939–1958), größtenteils aber aus dem Limburger Provinzarchiv der Pallottiner.
Bereits im Juli nach der ersten Veröffentlichung Teuffenbachs hatte das Generalpräsidium eine transparente Aufarbeitung zugesichert, nachdem es zunächst erklärt hatte, dass alle Anschuldigungen während der 14-jährigen Trennung Kentenichs von seinem Werk entkräftet worden seien, wie die Rehabilitierung des Gründers durch Papst Paul VI. gezeigt habe. Ob es eine derartige Rehabilitierung gab, ist umstritten. Eindeutige Dokumente dazu sind bisher nicht bekannt. (fxn)