Terror in Wien – vier Todesopfer, islamistischer Täter getötet
Nach dem Anschlag in der Wiener Innenstadt steht für die Ermittler ein islamistischer Hintergrund fest. Ein am Montagabend von der Polizei getöteter Täter sei Anhänger der Terrormiliz "Islamischer Staat" gewesen, sagte Österreichs Innenminister Karl Nehammer am Dienstag. Demnach gibt es bisher vier Todesopfer, zwei Männer und zwei Frauen. 18 weitere Menschen wurden teils schwer verletzt. "Wir gehen derzeit davon aus, dass es mehrere Täter gegeben hat", sagte Nehammer. Derzeit liefen weitere Ermittlungen.
Am Montagabend kurz nach 20 Uhr waren nahe der U-Bahnhaltestelle Schwedenplatz die ersten Schüsse gefallen. Danach kam es an weiteren Tatorten in der Nähe zu Feuerüberfällen. In der Gegend befindet sich die Wiener Hauptsynagoge. Die Ermittler prüfen einen antisemitischen Hintergrund der Tat. Zudem handelt es sich um ein beliebtes Ausgehviertel, in dem sich am Abend vor Beginn des coronabedingten Lockdowns in Österreich noch zahlreiche Passanten aufhielten.
Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz sprach von einem "widerwärtigen Terrorangriff". Das Land werde die Gefahr mit allen Mitteln bekämpfen. Um 10 Uhr am Dienstagmorgen wollte der Regierungschef sich in einer Rede an die Nation wenden.
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) bot ihre uneingeschränkte Kooperation mit den Sicherheitsbehörden an. Man wisse über den oder die Täter auch nicht mehr, als das Innenministerium bekanntgegeben habe, sagte eine Sprecherin. Die IGGÖ werde nun prüfen, ob der Täter in die Gemeinschaft eingebunden gewesen oder aufgefallen sei. Die Tat mache die Muslime fassungslos.
Unterdessen schloss die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) alle Synagogen in Österreich. Betroffen seien in Wien zudem sämtliche Einrichtungen, wie koschere Restaurants, Supermärkte und Schulen. Gemeindemitglieder wurden dazu aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Man wisse aber nicht, ob der Anschlag der IKG gegolten habe.
Kardinal Schönborn tief betroffen
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn zeigte sich im Interview mit dem ORF-Fernsehen tief betroffen. Österreich dürfe nicht zu einer Gesellschaft werden, "die sich in der Angst abschließt", sondern solle weiterhin offen sein. Das Land dürfe nicht mit Hass reagieren. "Solange die Wärme in unserer Gesellschaft stärker ist als die Kälte des Hasses, brauchen wir nicht mutlos zu sein."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drückte Österreich am Morgen die Anteilnahme und Solidarität der Bundesregierung aus. "Der islamistische Terror ist unser gemeinsamer Feind. Der Kampf gegen diese Mörder und ihre Anstifter ist unser gemeinsamer Kampf." Sie sei in Gedanken bei den Opfern, Angehörigen und Sicherheitskräften.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki schrieb auf Facebook, er sei tief erschüttert von den Nachrichten aus Wien. "Gewalt und Terror sind durch nichts zu rechtfertigen." Seine Gedanken seien bei den Opfern, den Angehörigen und Einsatzkräften.
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick nannte die Tat einen "verabscheuungswürdigen Terroranschlag". Auf Facebook wünschte er den Angehörigen Trost, der Polizei schnellen Erfolg bei der Fahndung und der Gesellschaft Zusammenhalt. (KNA)
Österreich trauert gemeinsam mit Gottesdienst im Wiener Stephansdom
Mit einem Gottesdienst im Wiener Stephansdom haben am Dienstagabend führende Vertreter von Politik, Kirchen und Religionsgemeinschaften in Österreich der Opfer des Terroranschlags vom Montagabend gedacht. Vertreter der Kirchen und Religionen sprachen Gebete und entzündeten Kerzen für die beim Anschlag Getöteten.
"Wir bitten um den Segen und Frieden für die Verstorbenen, Verwundeten, Trauernden und das ganze Land", sagte der Wiener Kardinal Schönborn laut der Presseagentur Kathpress. Einheit und Zusammenhalt in Österreich dürften nicht zerstört werden. Friede sei nie ein fertiges Produkt, sondern ein Netzwerk vieler einzelner Aufmerksamkeiten, von entsprechenden Umgangsstilen, etwa auch vom Verzicht auf Hasspostings oder dem Schüren von Vorurteilen, erinnerte der Kardinal.
In einer Krise zeige sich, ob die Institutionen eines Landes funktionieren, sagte Schönborn. Es gelte heute, Danke zu sagen, dass diese in Österreich Ordnung und damit Sicherheit und Frieden böten.
Der Wiener Erzbischof betonte, der Religionsfrieden im Land sei gewachsen aus den schrecklichen Erfahrungen der Religionskriege und der mörderischen Verfolgung der Juden im 20. Jahrhundert. "Die Eintracht unter den Religionen darf nicht durch einzelne irregeleitete Hassaktionen gefährdet werden", so sein Appell.
Geleitet wurde die Trauerfeier von Schönborn, dem lutherischen Bischof Michael Chalupka, dem orthodoxen Metropoliten Arsenios (Kardamakis), dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Ümit Vural, sowie der Vizepräsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Claudia Prutscher. Von Seiten der Politik nahmen Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka teil, zudem fast die gesamte Bundesregierung sowie der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. (KNA)