Auch zweiter Sprecher des Kölner Betroffenenbeirats tritt zurück
Auch der zweite Sprecher des Beirats von Betroffenen sexualisierter Gewalt beim Erzbistum Köln hat sein Amt niedergelegt. Zudem sagte Karl Haucke dem ARD-Magazin Monitor (Donnerstag), dass er das Gremium verlassen werde. Er fühle sich bei der Entscheidung des Erzbistums instrumentalisiert, das fertige Gutachten einer Münchner Rechtsanwaltskanzlei über die Verantwortung von Führungskräften der Erzdiözese in Missbrauchsfällen nicht zu veröffentlichen. Auch der andere Sprecher des derzeit noch acht Personen umfassenden Rates, Patrick Bauer, hatte vergangene Woche aus denselben Gründen sein Amt niedergelegt.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und Generalvikar Markus Hofmann hatten Ende Oktober mitgeteilt, das seit Längerem erwartete Gutachten wegen methodischer Mängel nicht veröffentlichen zu wollen und dafür die Zustimmung des Betroffenenbeirats erhalten zu haben. Im Nachhinein bekundete Bauer aber Zweifel; die Beratungen über die Nichtveröffentlichung seien "nicht gut gelaufen". Das Gremium sei in der Frage gespalten.
Haucke sagte: "Ich schlafe kaum noch, ich hab wieder Alpträume, ich musste meine Medikation ändern." Er könne den Rücktritt nicht vermeiden, wenn er fühle, dass er "beschädigt" werde.
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Auch der Kölner Diözesanverband des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) kritisierte Kardinal Rainer Maria Woelkie für den Umgang mit der von ihm in Auftrag gegebenen Missbrauchsstudie. Der Kölner Erzbischof und Generalvikar Markus Hofmann hätten "innerhalb eines Jahres durch ihr Handeln das Vertrauen vieler Betroffener von sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche erneut zerstört", teilt der Verband in einer am Donnerstag auf seiner Homepage veröffentlichten Stellungnahme mit. Wer die Opfer sexualisierter Gewalt zum Schutz der Institution zurücklasse, solle nicht in verantwortungsvoller Position der Kirche sein, hieß es.
Mit dieser Kritik verbinde sich die Aufforderung zum Rücktritt des Kardinals, sagte Vorsitzender Volker Andres dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Hierarchische Machtstrukturen müssten abgebaut und eine wirksame Machtkontrolle auf allen Ebenen eingesetzt werden, so der BDKJ. Insbesondere kritisierte der Jugendverband den Umgang mit dem Betroffenenbeirat im Erzbistum. Der Beirat sei in das Vorgehen des Bistums seit Verschiebung der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie nicht eingebunden worden, hieß es. Letztlich sei er dadurch "zeitlich und persönlich massiv unter Druck gesetzt" worden. Der Verband beruft sich dabei auf ein persönliches Gespräch mit einem Vertreter des Betroffenenbeirats.
Ähnliche Expertise im Bistum Aachen veröffentlicht
Das Erzbistum hatte Ende Oktober überraschend mitgeteilt, es habe den Kölner Strafrechtsexperten Björn Gercke mit einer neuen Untersuchung zum Thema Missbrauch beauftragt. Zugleich wurde darüber informiert, dass das Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) wegen methodischer Mängel nicht veröffentlicht wird. Die Rechtsanwälte hatten im Dezember 2018 den Auftrag erhalten. Die im März angesetzte Präsentation wurde kurzfristig abgesagt, um die geplante Benennung von Fehlverhalten ehemaliger oder aktiver Entscheidungsträger noch rechtlich abzusichern. Gercke will seine Expertise spätestens am 18. März 2021 vorlegen.
Für das Bistum Aachen präsentierte die Münchner Kanzlei am Donnerstag eine ähnliche Expertise wie für das Erzbistum Köln. Es belastet Altbischof Heinrich Mussinghoff, seine beiden Vorgänger und frühere Generalvikare. Sie hätten Täter geschützt; die Opferfürsorge habe keine Rolle gespielt. (cbr/KNA)