Es bestehe Gefahr "neuer Gräben" zwischen Ostkirchen und Katholiken

Orthodoxer Theologe Vlantis kritisiert ÖAK-Votum zu Mahlgemeinschaft

Veröffentlicht am 26.11.2020 um 14:21 Uhr – Lesedauer: 

München ‐ Im September erteilte Rom dem Ökumene-Papier "Gemeinsam am Tisch des Herrn" eine Absage. Der orthodoxe Theologe Georgios Vlantis teilt die darin geäußerte Kritik und befürchtet Rückschritte im ökumenischen Dialog zwischen Katholiken und Orthodoxie.

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Der orthodoxe Theologe Georgios Vlantis hat das Votum zur eucharistischen Gastfreundschaft zwischen evangelischen und katholischen Christen "Gemeinsam am Tisch des Herrn" aus ostkirchlicher Perspektive kritisiert. Er befürchte, dass eine Annahme der darin enthaltenen Thesen zu neuen Verwerfungen zwischen Orthodoxen und Katholiken führen könnte, schrieb der gebürtige Athener in einem Beitrag für die Dezember-Ausgabe der "Herder Korrespondenz". Das Votum "Gemeinsam am Tisch des Herrn" wurde 2019 vom Ökumenischen Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen (ÖAK) veröffentlicht. Nach inhaltlichen Einsprüchen der römischen Glaubenskongregation im zurückliegenden September wurde eine offizielle Verabschiedung durch die deutschen Bischöfe bis auf Weiteres vertagt.

Obgleich es sich bei dem Ökumene-Papier um einen "Text von hoher theologischer Qualität" handle, vermisse Vlantis eine "Reflexion über die Relativität der im Text sehr selbstbewusst vertretenen Thesen". Der Forschungszugang ist seiner Ansicht nach "subjektiv, kontextuell und konfessionell bedingt". Dies sei prinzipiell nicht verwerflich, wäre dem Dokument im "Kontext der medialen Wahrnehmung" nicht eine "übermäßige Autorität" zugesprochen worden. In seinem Beitrag kritisiert Vlantis die "methodische Grundsatzentscheidung" des ÖAK, wonach "Annäherungen in der gesamten Ökumene" nur "schrittweise" erreicht werden könnten. Dass das Votum sich deshalb auf die westliche Tradition konzentriert und die Orthodoxie nur "gelegentlich in den Blick nimmt", findet der Theologe "zumindest fragwürdig". Man dürfe "die Ökumene zwischen Katholiken und Protestanten nicht gegen den Dialog von Katholiken und Orthodoxen ausspielen".

Orthodoxie bestehe auf "Proklamation des rechten Glaubens"

Als Stärke des ÖAK-Votums bezeichnete Vlantis die "differenzierte Beschreibung der im Neuen Testament bezeugten Mahltraditionen". Allerdings vermisse er hierbei eine Auseinandersetzung mit der ebenfalls in der Bibel grundgelegten "unangenehmen Frage nach dem Verhältnis zwischen Kommunion und Exkommunikation, Gemeinschaft und Abgrenzung". Ebenfalls fehlen nach seiner Ansicht in dem Papier die "eucharistischen Impulse der Kirchenväter des Ostens und des Westens fast komplett", was der orthodoxe Theologe als eine "große Enttäuschung" und einen "wesentlichen theologischen Mangel des Textes" bezeichnet.

Vlantis kritisierte außerdem, dass im Hinblick auf den Dritten Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) im Mai nächsten Jahres ein "großer Druck zur Annahme" der vorgelegten Thesen ausgeübt werde. Als orthodoxer Christ könne er sich bei der Veranstaltung aber "nicht richtig willkommen fühlen", wenn deren Botschaft "das gemeinsame Abendmahl hier und jetzt sein sollte". Obgleich es Christus sei, der zur Eucharistie einlädt, dürfe die Notwendigkeit lehramtlicher Einigungen nicht ausgeklammert werden: Weil Christus "die Wahrheit" sei, bestehe die Orthodoxie neben praktischen Erwägungen immer auch auf die "Proklamation des rechten Glaubens". Vlantis gehört der griechisch-orthodoxen Kirche an und ist seit 2016 Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Bayern (ACK). (mfi)