Vaterunser, Kyrie, Gloria: Neues Messbuch in Italien bringt Änderungen
Für Aufmerksamkeit sorgt das neue Messbuch vor allem durch vier Veränderungen: eine geänderte Vaterunser-Bitte, eine korrektere Übersetzung im "Gloria", ein griechisches "Kyrie"-Gebet sowie eine inklusivere Anrede in vielen Gebeten. Zur Anrede "fratelli" (Brüder) wird nun vielfach "sorelle" (Schwestern) hinzugefügt.
Zwar wird das maskuline "fratelli" im Italienischen oft als "Geschwister" verstanden und übersetzt. Aber auch in romanischen Sprachen gibt es in den vergangenen Jahren eine gewisse sprachliche Gender-Sensibilität. So heißt es im Schuldbekenntnis künftig wie im Deutschen: "Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen, und euch, Brüdern und Schwestern (fratelli e sorelle), dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe."
Bei dem im Gottesdienst folgenden "Kyrie"-Gebet wird künftig die griechische Originalversion dieses alten Gebetsrufs bevorzugt. An Stelle von "Signore, pieta" (Herr, Erbarmen!) wird das griechische "Kyrie eleison" (Herr, erbarme dich) gesprochen – ebenso "Christe eleison" statt "Cristo, pieta". Ab Sonntag kann in Italien das neue katholische Messbuch offiziell eingesetzt werden; das Bistum Rom ist unter den ersten Diözesen. Verpflichtend wird es ab Ostern.
Öffentlich am stärksten diskutiert wurde bisher die geänderte Vaterunser-Bitte "und führe uns nicht in Versuchung". Sie lautet nun übersetzt: "und überlasse uns nicht der Versuchung". Das Wort in der bisherigen Formulierung "indurre" (führen in, verleiten zu) ist nach Aussage von Theologen stärker drängend als etwa das deutsche "führen"; dies sei theologisch so nicht gedeckt. Dass Gott "uns irgendwie eine Falle stellt", sei "eine absolut nicht hinnehmbare Vorstellung", so der Theologe und Erzbischof Bruno Forte.
"Wer dich in Versuchung führt, ist der Satan"
Beflügelt worden war die Diskussion in Italien Ende 2017 durch eine Äußerung von Papst Franziskus in einem TV-Interview. Zur bisherigen Formulierung "führe uns nicht in Versuchung" sagte er damals: "Ein Vater tut so etwas nicht. Wer dich in Versuchung führt, ist der Satan." Er schließe sich daher der Initiative der französischen Bischöfe an, die zum Advent 2017 die Formulierung einführten: "Ne nous laisse pas entrer dans la tentation" (Lass uns nicht in Versuchung geraten).
Schließlich wird im italienischen "Gloria"-Gebet die bisherige Formulierung "Friede auf Erden den Menschen guten Willens" ersetzt durch die Wendung "Friede auf Erden den Menschen, von Gott geliebt". Diese Übersetzung sei näher am griechischen Original, wie es sich im Lukas-Evangelium findet. Das "Gloria"-Gebet stammt vom Gesang der Engel über den Feldern von Bethlehem, als sie den Hirten die Geburt des Messias verkünden. Im Deutschen lautet der Satz: "und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade".
Bemerkenswert ist aus Sicht von Theologen, dass es im Eucharistischen Hochgebet bei dem Einsetzungswort über den Kelch weiterhin heißt: "Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für euch und für alle (per tutti) vergossen wird ...". Papst Benedikt XVI. etwa hatte die Deutsche Bischofskonferenz im April 2012 angehalten, bei ihrer Neuübersetzung des "pro multis" im lateinischen Messbuch zu schreiben: "für viele vergossen" statt "für alle".
"Viele" oder "alle"?
Das den biblischen Berichten von Jesu Abendmahl zugrundeliegende hebräische Wort lautet zwar "viele"; gemeint sind aber "die Vielen (der Völker und Menschen)", kurz: alle. Allerdings ist nach Aussage von Benedikt XVI. "die Wiedergabe von 'pro multis' mit 'für alle' keine reine Übersetzung, sondern eine Interpretation, die sehr wohl begründet war und bleibt, aber doch schon Auslegung und mehr als Übersetzung ist".
2002 veröffentlichte der Vatikan die dritte offizielle Fassung des Messbuchs der römisch-katholischen Kirche. Diese maßgebliche Fassung ist lateinisch; die Bischofskonferenzen der verschiedenen Sprachräume sollten seither Übersetzungen in Auftrag geben. Die englische etwa und nun auch italienische sind fertig; an der Übersetzung für den deutschen Sprachraum (Deutschland, Österreich, Schweiz, Ostbelgien, Luxemburg, Liechtenstein und Südtirol) wurde bereits gearbeitet. Ein Erscheinungsdatum steht aber noch nicht fest.