Theologen kritisieren Führungspraxis der katholischen Kirche
Die Bochumer Theologen Matthias Sellmann und Benedikt Jürgens sehen einen großen Reformbedarf in der Führungspraxis der katholischen Kirche. Gegenwärtig seien Entscheidungen allein geweihten Amtsträgern vorbehalten, die sich jedoch in Finanz- und Missbrauchsskandale verstrickt hätten, erklärten die Wissenschaftler am Dienstag in Bochum. Wenn das mit "heiliger Vollmacht" ausgestattete Führungspersonal unkontrolliert bleibe und unverantwortlich handele, dürfe man "sich nicht wundern, wenn die Führungskrise in eine Gotteskrise umkippt".
Nach Ansicht der beiden Theologen müssen kirchliche Verantwortliche Reformen epochalen Ausmaßes anstoßen, die aber lehramtlich und kirchenrechtlich durch Sakralisierungen blockiert seien. "Weil von der Unveränderlichkeit von Traditionen und bruchloser Kontinuität ausgegangen wird, werden teilweise Traditionen geradezu erfunden oder störende Traditionen verschleiert", so Sellmann. "Die dadurch entstandene Hermetik erschwert Reformen enorm oder macht sie sogar unmöglich."
Sellmann und Jürgens haben den Angaben zufolge zu dem Thema das Buch "Wer entscheidet, wer was entscheidet? Zum Reformbedarf kirchlicher Führungspraxis" (Verlag Herder) herausgegeben. Es versammelt Beiträge von Mitgliedern der Katholischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum (RUB), darunter Wilhelm Damberg, Thomas Söding und Joachim Wiemeyer. "Dieser Band soll ein Anstoß sein, die derzeitige Blockade zu überwinden", erklärte Jürgens. Damit liefere der Band einen wichtigen Beitrag zum Reformdialog Synodaler Weg der deutschen Kirche. (KNA)