Petition und Solidaritätsbekundungen für inhaftierten Jesuitenpater
Das katholische Hilfswerk missio Aachen hat eine Petition für die Freilassung des indischen Jesuiten-Paters Stan Swamy gestartet. Mit einem Appell am Tag der Menschenrechte wandte sich die Hilfsorganisation am Donnerstag an die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, sowie an Unterstützer in Deutschland. Sobald 3.000 Unterschriften gesammelt seien, sollen sie an Kofler übergeben werden. Pater Stanislaus Lourduswamy ist Angehöriger des katholischen Jesuitenordens in Indien. Der Menschenrechts-Aktivist engagiert sich laut missio Aachen insbesondere für die sogenannten Adivasi, die indigene Bevölkerung Indiens, und die sogenannten Dalits, die von der indischen Gesellschaft als vermeintlich "Unberührbare" ausgegrenzt werden.
Der Jesuit wurde den Angaben zufolge am 8. Oktober 2020 unter dem Vorwurf der Verbreitung maoistisch-terroristischer Propaganda verhaftet. Unter anderem werden ihm Verbindungen zu Ausschreitungen im westindischen Bundesstaat Maharashtra an Silvester 2017 vorgeworfen, in deren Folge schon zuvor weitere indische Menschenrechtsaktivisten inhaftiert worden waren. Er selbst weist die Vorwürfe zurück. "Wir halten die Vorwürfe gegen Father Stan für unbegründet und politisch motiviert. Deshalb starten wir eine Petition für Father Stan, um die Bundesregierung und die Öffentlichkeit in Deutschland für seine schnellstmögliche Freilassung zu mobilisieren. Für Father Stan, der schon 83 Jahre alt ist, ist ein längerer Gefängnisaufenthalt auch eine große Gefahr für seine Gesundheit", so der Präsident von missio Aachen, Dirk Bingener. Missio Aachen sieht die Verhaftung des Jesuiten auch im Kontext der hindu-nationalistischen Politik in Indien, die seit Jahren die Religionsfreiheit, die Meinungsfreiheit und die Rechte der indigenen Bevölkerung unter Druck setze. "Religiöse Minderheiten wie Christen und Muslime geraten durch die Politik, Schikanen der Behörden und gesellschaftliche Anfeindungen immer stärker unter Druck", so Bingener.
Jesuiten-Seniorenkommunitäten solidarisieren sich
Auch die deutschen Seniorenkommunitäten der Jesuiten solidarisierten sich mit ihrem indischen Mitbruder. "Wir können uns kaum vorstellen, was Pater Swamy, der an Parkinson und anderem erkrankt ist, durchmacht", heißt es in dem Schreiben der Gemeinschaften in Berlin und Köln, das am Mittwoch in Nürnberg veröffentlich wurde. Es habe ein Gerichtsverfahren und eine Flut von Zusendungen von Schnabeltassen an die zuständige Polizeistation erfordert, damit der Jesuit im Gefängnis eine solche bekommen habe. Dies lasse nur erahnen, "welchen Schikanen unser Mitbruder und seine Freunde ausgesetzt sind", so die Seniorenkommunitäten in dem Brief, der unter anderen an die indische Botschafterin in Deutschland ging. Die Verhaftung des Paters hat in Indien landesweit Empörung ausgelöst. Auch Jesuiten aus der ganzen Welt sowie sein Provinzialoberer George Pattery, die Indische Katholische Bischofskonferenz und die Bischöfe Asiens forderten seine sofortige Freilassung.
Unterdessen veröffentlichte die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) am Mittwoch zwei Jahrbücher zu Religionsfreiheit und Christenverfolgung. Demnach bleiben Christen aktuellen Analysen zufolge weiterhin die weltweit am meisten verfolgte Religionsgemeinschaft. Insbesondere christliche Konvertiten seien derzeit Verfolgung und Bedrohungen ausgesetzt, hieß es. Zum Tag der Menschenrechte wolle man besonders auf die Situation der Christen aufmerksam machen, die sich trotz Verfolgung und Corona-Pandemie auf das Weihnachtsfest vorbereiteten, hieß es weiter. Insbesondere in islamischen Staaten wie Iran, Pakistan und Ägypten, aber auch in totalitären Regimen wie China seien christliche Gemeinschaften schutzbedürftig. Die beiden Jahrbücher werden von der IGFM, dem Internationalen Institut für Religionsfreiheit und den Arbeitskreisen zur Religionsfreiheit der drei deutschsprachigen evangelischen Allianzen herausgegeben.
Die Verfolgung und Diskriminierung von Christen sei "sehr vielschichtig", sagte der Präsident des Internationalen Rats der IGFM, Thomas Schirrmacher. "Es gibt sehr viele unterschiedliche Akteure. In Osteuropa findet sich beispielsweise auch die Diskriminierung orthodoxer Christen durch andere Christen." Auch gebe es Unterschiede in der nationalen Akzeptanz verschiedener christlicher Konfessionen. So genieße die katholische Kirche im sozialistischen Kuba eine relativ große Freiheit, während evangelikale Gemeinschaften auf der Insel immer größerem Druck und Bedrohungen ausgesetzt seien. Generell sollte man sich für die Freiheit aller Religionen und Weltanschauungen einsetzen, betonte Schirrmacher. "Religionsfreiheit ist genauso wichtig wie etwa die Pressefreiheit und darf kein Menschenrecht zweiter Klasse sein." (tmg/KNA)