Wie das Böse schon bei der Geburt des Heilands mitmischt

Was macht der Teufel an der Krippe?

Veröffentlicht am 25.12.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

München ‐ Jesus, Maria und Josef – das ist die Grundausstattung einer Weihnachtskrippe. Dazu Ochs und Esel, Hirten, Könige. Mancherorts mischt sich der Leibhaftige unter die Figuren und stiftet Verwirrung. Der zusätzliche Geburtsgast hat eine spannende Hintergrundgeschichte.

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Die Heilige Familie hat sich vor einem Höhleneingang notdürftig niedergelassen, über ihr halten drei Engel mit langen Kreuzstäben Wacht. Vorsicht ist geboten, denn im Gebüsch lauert eine rotgesichtige Gestalt mit Spitzbart und Pferdefüßen. Was zum Teufel hat der Leibhaftige dort verloren?

"Der ist auf dem Sprung zu Herodes, um ihm einzuflüstern, dass ein neuer König geboren wurde", sagt Klaus Klobe in Landau an der Isar. Seit 27 Jahren richtet der ehemalige Kirchenpfleger im Advent die historische Biedermeierkrippe in der malerischen Steinfelskirche her. Und wehe, er lässt den Teufel weg. "Zweimal habe ich das gemacht, mit Absicht, sofort beschwerten sich Besucher", erzählt er.

In Niederbayern ist die Weihnachtsattraktion nicht das Christkind, sondern der Antichrist. Zumindest in der Kirche, deren Ursprung auf einen frommen Feldwebel namens Christoph Christi zurückgeht. Der Sattlermeister und Landwehroffizier führte sein Überleben im Dreißigjährigen Krieg auf den Schutz Mariens zurück. Zum Dank errichtete er in seinem Garten vor einem überhängenden Nagelfluhfelsen eine Gebetsstelle, die bald Wallfahrer anzog.

Gleich drei Dämonen

Im oberbayerischen Tuntenhausen bevölkern gleich drei Dämonen die üppig ausgestattete barocke Krippenlandschaft. Sie begleiten König Herodes bei dessen Höllenfahrt. In der Szene erhält der grausame Machthaber die Quittung für den Kindermord von Bethlehem. Den hat der Machthaber dem Evangelisten Matthäus zufolge befohlen, um den vermeintlichen Thron-Rivalen frühzeitig zu beseitigen.

Bild: ©

Schon seit Jahrhunderten stellen Menschen zu Weihnachten Darstellungen der Geburt Christi zu Hause auf.

Wo der Heiland geboren wird, ist das Unheil nicht fern. Der Präsident der Bayerischen Krippenfreunde, der Dingolfinger Pfarrer Martin Martlreiter, spricht in diesem Zusammenhang von einem "Welttheater", in das Elemente des mittelalterlichen Mysterienspiels eingeflossen seien. Der Diabolos, der Durcheinanderwerfer und Faktenverdreher, stört als Gegenspieler Gottes die friedliche Idylle der Heiligen Nacht. Man könnte auch sagen, die fiese Figur sorgt für mehr Realismus in den Weihnachtsdarstellungen.

Wobei der Auftritt des Teufels verschiedenste Formen annehmen kann. In Neapel, wo die Wiege des europäischen Krippenbaus steht, ist nicht nur ein Pizzaofen unverzichtbarer Bestandteil der Kulisse. Erzteufel Belfagor, Titelfigur einer Renaissance-Novelle von Niccolo Machiavelli, bewirtschaftet die Herberge gleich neben der Geburtsgrotte. Und natürlich versucht dieser Nachbar, Maria und Josef zu schaden, wo es nur geht.

Gehörnte Krippenfiguren

Auch im mährischen Grulich (Kraliky) im heutigen Tschechien gibt es traditionell gehörnte Krippenfiguren. Mit dem Dreizack in der Hand verweisen sie auf die späteren drei Versuchungen Jesu. So zwingen sie den Betrachter, schon bei der Geburt Christi dessen weiteres Leben und Sterben mit zu bedenken.

Der Fürst der Finsternis hat außerdem in einigen Krippenspielen seine Rolle. In Südfrankreich, im Palais des Rois de Majorque von Perpignan, bringen Laiendarsteller seit 60 Jahren ein solches auf die Bühne – auf Katalanisch. Mit rotem Fetzenumhang, Hörnerkappe und spitzen Krallen nähert sich der Teufel in dem fulminanten Stück dem gerade geborenen Gottessohn, bis die anderen Krippenbesucher den Eindringling mit vereinten Kräften in die Flucht schlagen.

In Ostfriesland spukte auch schon der Teufel durch das Weihnachtsspiel der Kinder in der Neuen Kirche von Emden. Mit allen Tricks versuchte er die Hirten davon abzuhalten, den Engeln die Frohe Botschaft zu glauben. Auf dem Weg zum nahen Stall wurden sie abgelenkt: Das Essen im Gasthaus war lecker, das Kartenspiel machte so viel Spaß. Am Ende landeten sie aber doch noch dort, wo sie eigentlich hinwollten – mit dem Teufel im Schlepptau. Als die Engel das sahen, fingen sie an, ihn laut auszulachen. Das war selbst dem Gottseibeiuns zu viel. Panisch stürmte er aus der Kirche.

Von Christoph Renzikowski (KNA)