DBK-Vorsitzender für weitreichende Veränderungen in der Kirche

Bätzing: Argumente gegen Priesterinnen überzeugen immer weniger

Veröffentlicht am 28.12.2020 um 11:36 Uhr – Lesedauer: 

Berlin/Freiburg ‐ Der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing regt Veränderungen in der katholischen Kirche an. So sei etwa das Verbot der Diakonen- und Priesterweihe für Frauen immer weniger überzeugend. Auch eine Änderung des Katechismus brachte der Bischof ins Spiel.

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Nach Ansicht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, wird es immer schwieriger, das Verbot der Diakonen- und Priesterweihe für Frauen in der katholischen Kirche zu begründen. Ihm liege viel daran, "die Argumente der Kirche, warum das sakramentale Amt nur Männern zukommen kann, redlich zu nennen", sagte Bätzing in einem Interview der "Herder Korrespondenz" (Januar-Ausgabe): "Aber ich muss ehrlich sagen: Ich nehme eben genauso wahr, dass diese Argumente immer weniger überzeugen und dass es in der Theologie gut herausgearbeitete Argumente gibt, die dafür sprechen, dass das sakramentale Amt auch für Frauen zu öffnen wäre."

Als ersten Schritt nenne er hier oft das Diakonat der Frau, also die Diakonenweihe als erste Stufe vor der Priester- und Bischofsweihe. Denn hier sehe er einen Spielraum, so Bätzing: "Für das Amt des Priesters haben die Päpste seit Johannes Paul II. unisono gesagt, die Frage sei beantwortet – und trotzdem ist sie auf dem Tisch." Papst Johannes Paul II. (1978-2005) hatte 1994 erklärt, die Kirche habe "keinerlei Vollmacht", Frauen zu Priesterinnen zu weihen. Ergänzend hatte er betont, "dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben". Zur Begründung wird unter anderem immer wieder angeführt, dass Jesus nur Männer zu Aposteln und Nachfolgern berufen habe.

Bätzing für Änderung des Katechismus

Bätzing sprach sich in der "Herder Korrespondenz" für weitreichende Veränderungen in der katholischen Kirche aus. Unter anderem regte er mit Blick auf Paare, die nicht kirchlich heiraten können, eine Änderung der Regeln des Katechismus an. Für Menschen, die den Segen Gottes erbäten, brauche es "Lösungen, die nicht nur im Privaten greifen, sondern auch eine öffentliche Sichtbarkeit haben – aber auch deutlich machen, dass keine Ehe gestiftet wird", antwortet der Bischof auf die Frage nach einem Segen für homosexuelle Paare. Zwar glaube er, dass man hier Formen finde könne, die im Liturgischen ohne eine römische Approbation möglich seien. "Allerdings kann ich für mich sagen, dass ich nach intensiver Auseinandersetzung meine, dass wir den Katechismus in dieser Hinsicht ändern sollten", so Bätzing wörtlich.

Deutlich verteidigte der Vorsitzende der Bischofskonferenz zudem das Papier "Gemeinsam am Tisch des Herrn – Ökumenische Perspektiven bei der Feier von Abendmahl und Eucharistie" des Ökumenischen Arbeitskreises (ÖAK), mit dem das Gremium im September vergangenen Jahres ein viel beachtetes Plädoyer für die Abendmahlsgemeinschaft von Katholiken und Protestanten vorgelegt hatte. Das Papier sei "ein kluger Schritt nach vorne, der mit guten Gründen vorgelegt wird", so Bätzing. Die Kritik an dem Dokument müsse man gut aufnehmen und auch beantworten – soweit dies möglich sei: "Das geschieht gerade. Wir werden als Bischofskonferenz auf die lehramtlichen Anfragen der Glaubenskongregation reagieren und die Kritik in unsere Würdigung des ÖAK-Dokuments einarbeiten. Gleichzeitig wird sich der ÖAK selbst mit den Gegenargumenten auseinandersetzen und darauf noch einmal antworten."

Dennoch äußerte der Bischof in diesem Zusammenhang Kritik an der Reaktion der Glaubenskongregation. So habe ihn etwa irritiert, dass der Brief des Präfekten mit den lehramtlichen Anmerkungen wenige Tage vor Beginn der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz gekommen sei, obwohl der Vorgang der Prüfung bereits am 20. Mai ausgelöst worden sei. Auch bei seinem Antrittsbesuch als DBK-Vorsitzender im Juni im Vatikan habe ihm keiner der involvierten Kardinäle gesagt, "dass gerade eine Prüfung des Vorgangs läuft und sie gerne mit mir darüber reden wollen", so der Limburger Bischof, der darüber hinaus kritisierte, dass die Rückmeldung der Kongregation "viel zu wenig" das ökumenische Bemühen würdige, das hinter den Überlegungen des ÖAK stehe. "Er ist nicht irgendein ökumenisches Kaffeekränzchen, sondern ein Kreis von Expertinnen und Experten, die auch persönlich leidenschaftlich ökumenisch sind. Es hat etwa Zynisches, denen einfach zu sagen: Nein, das geht alles nicht, arbeitet mal weiter", betonte Bätzing.

Erstmals als Jugendlicher mit kirchlichem Missbrauch konfrontiert

Mit Blick auf die weitere Aufarbeitung des kirchlichen Missbrauchsskandals verteidigte Bätzing den zunehmend kritischen Umgang mit früheren und zum Teil bereits verstorbenen Bischöfen. Es gehe um eine Aufarbeitung, die die Wirklichkeit darstelle. "Das müssen wir uns und auch den Vorgängern im Amt zumuten", erklärte der DBK-Vorsitzende. Dies sei man auch den Betroffenen schuldig, die mit dem Erlebten leben müssten – auch wenn die Verantwortlichen längst gestorben seien. Mit Blick auf die aktuelle Bischofsgeneration verwies Bätzing auf die im Jahr 2002 erstmals erlassenen Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Kirche: "Wenn jemand heute noch im Amt ist und ihm das nachgewiesen wird, dass er nicht leitlinienkonform gehandelt hat, muss er sich dazu erklären und die Konsequenzen ziehen". Dies könne auch einen Rücktritt einschließen.

Weiter sagte Bätzing, dass er selbst erstmals als Jugendlicher mit dem Problem des sexuellen Missbrauchs in der Kirche konfrontiert worden sei. Damals habe es in seinem Heimatort in der Generation seiner älteren Brüder Missbrauch durch einen Priester gegeben. Dies sei genau in der Weise geschehen, "wie es uns heute noch entgegenkommt. Verdeckt, aber irgendwie wusste man es. Niemand sprach darüber, aber es war da als Thema". Der Pfarrer sei schließlich in einer Nacht- und Nebelaktion aus dem Verkehr gezogen und nicht mehr als Pfarrer eingesetzt worden. Er selbst, so Bätzing, und seine Brüder seien, "Gott sei Dank", nicht von dem Missbrauch betroffen gewesen. (stz)