Feige: Überkommene Traditionen nicht zum Maßstab für Reformen machen
In der aktuellen Diskussion um Reformen in der katholischen Kirche warnt der Magdeburger Bischof Gerhard Feige davor, überkommene Traditionen zum Maßstab für die künftige Gestalt der Kirche zu machen. Weil für viele Menschen das Erscheinungsbild der Kirche von gestern auch der Maßstab für heute sei, "fällt es anscheinend schwer, deren Gestalt inmitten der dramatischen Veränderungen unserer Welt neu zu denken, zu erhoffen und daran mitzuwirken", schreibt Feige in der Kolumne "Gottes Bodenpersonal" für die "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Mittwoch). Stattdessen werde der Untergang der Kirche beklagt oder herbeigeredet.
Dies habe sicher nicht nur mit konservativen oder nostalgischen Haltungen zu tun, sondern auch mit der Angst davor, "etwas nicht mehr im Griff zu haben und vielleicht sogar ganz zu verlieren, oder Neues wagen zu sollen, ohne zu wissen, wie es ausgeht", so der Bischof weiter. Angst müsse jedoch nicht nur kontraproduktiv sein, sie könne auch mutig überwunden werden und sogar schöpferische Veranlagungen befördern. "Schließlich kennt die Geschichte keine Notwendigkeit, ist die Zukunft grundsätzlich offen und kann alles immer noch ganz anders kommen als befürchtet, erwartet oder geplant", schreibt Feige. Anregend könne auch sein, sich an frühere Entwicklungen zu erinnern, etwa an die Überwindung von Krisen.
Es gebe gute Gründe, sich nicht krampfhaft an die Vergangenheit zu klammern, sondern sich den Zumutungen beherzt und tatkräftig zu stellen. Damit könnten Ängste und Blockaden überwunden und neue Wege beschritten werden. "Auf keinen Fall ist ja das, was vom Zeitgeist früherer Jahrhunderte geprägt wurde, von vornherein besser als das, wozu uns heutige Erfordernisse und Möglichkeiten führen könnten", so Feige, der sich schon früher immer wieder für Reformen in der Kirche ausgesprochen hat. (stz)