Heute beginnt der Prozess gegen den Vatikan-Mitarbeiter Nunzio Scarano

Die Bewährungsprobe

Veröffentlicht am 03.12.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Justiz

Rom ‐ Ein Scheck über 400.000 Euro, 20 Millionen Euro in bar, ein Ex-Geheimagent und ein vatikanischer Rechnungsprüfer. Der Fall, der ab heute in Rom verhandelt wird, hat alles, was ein guter Krimi braucht. Zugleich ist das Verfahren gegen Prälat Nunzio Scarano auch eine Bewährungsprobe für den Vatikan. Aber der Reihe nach.

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Ende Juni wurde Nunzio Scarano verhaftet. Der Vorwurf: Der langjährige Rechnungsprüfer der vatikanischen Güterverwaltung APSA soll an dem letztlich gescheiterten Versuch beteiligt gewesen sein, die erwähnten 20 Millionen Euro einer befreundeten Familie aus der Schweiz nach Italien zu schmuggeln.

Weiter wird ihm vorgeworfen, einem früheren Mitarbeiter des italienischen Inlandsgeheimdienstes AISI den besagten Scheck übergeben zu haben, damit dieser das mutmaßliche Schwarzgeld in einem Privatjet über die Grenze bringt. Auch der Ex-Geheimdienstmitarbeiter sowie ein Finanzmakler, der das Geld in der Schweiz verwaltete, wurden festgenommen.

Doch damit nicht genug. Italienische Medien hatten berichtet, dass der Prälat bisher gegenüber den Behörden sehr auskunftsfreudig gewesen sei. In Vernehmungen hatte er nicht nur seine Unschuld beteuert und ausgesagt, dass er nur Freunden einen Gefallen tun wollte. Auch hatte er Vorgesetzte belastet . Und: Nicht nur die Vatikan-Bank IOR, auch die APSA soll den Aussagen Scaranos zufolge in Korruption und Schwarzgeldgeschäfte verwickelt sein, was die APSA wiederum dementierte .

Der Geistliche selbst hält sich derzeit in Hausarrest in seiner süditalienischen Heimatstadt Salerno auf. Aus der Untersuchungshaft im römischen Gefängnis Regina Coeli war der 61-Jährige aus gesundheitlichen Gründen am 5. September in die forensische Abteilung eines Krankenhauses verlegt worden. Am 25. Oktober gestattete ihm die römische Ermittlungsrichterin Barbara Callari den Wechsel in einen Hausarrest.

Geschäftsbericht und neues Personal

Für das "Institut für die religiösen Werke" (IOR), wie die Vatikanbank offiziell heißt, ist der Fall Scarano das jüngste Kapitel einer Geschichte von Vorwürfen und Negativschlagzeilen wegen angeblicher schwarzer Konten und Geldwäsche. Geht es nach Papst Franziskus, soll damit Schluss sein. Seit Sommer arbeitet eine Kommission aus Kurienmitarbeitern und einer Harvard-Professorin an Vorschlägen für eine Reform der Bank. Überdies hatte das IOR Anfang Oktober erstmals in seiner rund 70-jährigen Geschichte einen detaillierten Geschäftsbericht vorgelegt.

Unklar ist, ob der Wechsel in der Generaldirektion des IOR mit den Vorgängen um Scarano zu tun hat. Generaldirektor Paolo Cipriani und sein Vize Massimo Tulli waren Anfang Juli zurückgetreten. Am vergangenen Samstag hat der italienische Banker Rolando Marranci das Spitzenamt übernommen.

Ein Porträtfoto des vatikanischen Prälaten Nunzio Scarano.
Bild: ©picture alliance / AP Photo/Francesco Pecoraro

Ein undatiertes Foto des am 28. Juni 2013 wegen Verdachts auf Geldwäsche festgenommenen vatikanischen Prälaten Nunzio Scarano.

Noch von Papst Benedikt XVI. wurde im Jahr 2010 die "Autorita di Informazione Finanziaria" (AIF), die vatikanische Finanzaufsicht , gegründet, um die Finanzgeschäfte im Vatikan transparenter zu machen und internationalen Standards anzupassen. Deren Chef Rene Brülhart ging Mitte November in einem Interview davon aus, dass Scarano womöglich kein Einzelfall sei. "Wir analysieren zurzeit weitere Fälle", so Brülhart gegenüber der "Neuen Zürcher Zeitung" .

Vatikan-Sprecher: Wir kooperieren

Ebenso sieht Brülhart sein Vorgehen gegen Geldwäsche im Vatikan auf einem guten Weg. Bis Ende 2013 werde seine Behörde "bedeutend mehr" Verdachtsfälle an den vatikanischen Staatsanwalt gemeldet haben als im Vorjahr, hatte Brülhart gesagt. 2012 waren es sechs.

Überdies hat Vatikansprecher Federico Lombardi am Samstag Behauptungen zurückgewiesen, der Kirchenstaat habe im Fall Scarano nicht ausreichend mit den italienischen Stellen kooperiert. Der Heilige Stuhl habe allen Ersuchen um Rechts- und Amtshilfe der Justiz zeitnah und ohne Verzögerung entsprochen, sagte Lombardi. Im Vatikan scheint man also ernstzumachen. (mit Material von KNA und dpa)

Von Christoph Meurer