Mieth: Nihil-obstat-Verfahren beschädigt Ansehen der Theologie
Der Moraltheologe Dietmar Mieth sieht das Ansehen der Theologie an den Universitäten durch die Handhabung des kirchlichen Nihil-obstat-Verfahrens beschädigt. Der emeritierte Tübinger Professor schreibt in einem auf "kath.ch" (Freitag) erschienenen Auszug aus seinem neusten Buch "Nicht einverstanden: Meine Erfahrungen als Laientheologe und Ethiker", dass die für die Berufung von Theologieprofessoren nötige Unbedenklichkeitserklärung aus Rom im Vergleich zu früher verschärft gehandhabt werde. Zudem habe die "Bevormundung der Fakultäten […] unter der römischen Reklamation von Priesterquoten und mit dem Eingriff in deren Bestimmung der jeweiligen fachlichen Schwerpunkte" zugenommen.
Problematisch sei dabei auch, dass es zwar Verfahrensordnungen gebe, es bei einem Verstoß dagegen aber kein rechtliches Gehör gebe. Weder könnten Entscheidungen von Bischöfen "in ihrer Rechtssouveränität" korrigiert werden, noch sei die zuständige römische Instanz bereit, dazuzulernen. Mieth kritisiert unter anderem den Fall der Theologin Regina Ammicht-Quinn, deren Berufung auf eine Professur in Saarbrücken 2003 scheiterte, nachdem bereits 2000 ein "Nihil obstat" für eine Professur in Augsburg verweigert wurde. Laut Mieth seien dabei die rechtlichen Vorschriften einer Handreichung der Deutschen Bischofskonferenz, die von Rom kanonisch anerkannt worden war, nicht eingehalten worden. "Ich fragte mich zu dieser Zeit, warum der Staat, der ja auf theologische Lehrstühle beruft, nicht darauf besteht, dass die Kirche ihre formalen Rechtsvorschriften selbst befolgt", so Mieth. Der Staat unterstütze damit kirchliche Willkür.
Streit um "Nihil obstat" für Rektor von Jesuiten-Hochschule
Theologieprofessoren benötigen eine kirchliche Unbedenklichkeitserklärung, das sogenannten "Nihil obstat" ("Nichts steht im Wege"). Vor der ersten Berufung auf Lebenszeit muss der zuständige Bischof eine Erklärung des Apostolischen Stuhls einholen, bevor er dieses erteilt. Zusätzlich muss er in einer eingehenden Stellungnahme seine Ansicht zu Lehre und Lebenswandel des Kandidaten darlegen und begründen. Das "Nihil obstat" geriet zuletzt ins Licht der Öffentlichkeit, nachdem dem damaligen Rektor der Jesuiten-Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main, Pater Ansgar Wucherpfennig, die Unbedenklichkeitserklärung für eine erneute Amtszeit zunächst versagt wurde.
Der 1940 geborene Dietmar Mieth war von 1981 bis zu seiner Emeritierung 2008 Professor für Theologische Ethik an der Universität Tübingen. 1988 gehörte er zu den Unterzeichnern der "Kölner Erklärung" mit dem Titel "Wider die Entmündigung – für eine offene Katholizität". Darin forderten die Unterzeichner unter anderem eine stärkere Einbeziehung der Ortskirchen in die Bischofsernennungen und eine stärkere Berücksichtigung gewachsener Rechte sowie die Beachtung des Subsidiaritätsprinzips bei der Erteilung des "Nihil obstat". Dabei seien eventuelle Einwände "mit Argumenten [zu] begründen und nach anerkannten akademischen Normen [zu] belegen". (fxn)