Studie: Theologinnen wissenschaftlich und medial benachteiligt
Katholische Theologinnen sind laut einer neuen Studie sowohl wissenschaftlich wie auch in den Medien im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen deutlich benachteiligt. Eine in Graz herausgegebene Untersuchung zur Theologie im deutschsprachigen Raum belegt, dass der Anteil der Autorinnen in Fachpublikationen bei 18 Prozent liegt. Bei akademischen Veranstaltungen beträgt das Verhältnis der Referenten 21 zu 79 Prozent zuungunsten der Frauen.
Untersucht wurden theologische Schriften zwischen 2010 und 2019. Darin publizierten 6.104 Männer und 1.330 Frauen. Weiter schauten die Grazer auf die Konferenzen und Jahrestreffen der theologischen Arbeitsgemeinschaften. Hier referierten 416 Männer und 112 Frauen. Für die statistische Untersuchung verantwortlich ist der Vorstand von Agenda, einem wissenschaftlichen Zusammenschluss von rund 350 Frauen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Vorsitzende ist die Grazer Theologin Gunda Werner.
Die einzelnen theologischen Disziplinen weisen teils erhebliche Unterschiede auf: Lag der Anteil der Referentinnen in der Religionspädagogik bei 35 Prozent, so betrug er im Fach Neues Testament 15 Prozent. Sieben von zehn untersuchten Arbeitsgemeinschaften kamen bei Jahrestagungen ganz ohne vortragende Frauen aus.
Große Diskrepanz in 20 untersuchten Medien
Noch größer ist die Diskrepanz in den 20 untersuchten Medien. Vier Zeitschriften und Jahrbücher haben einen Frauenanteil von mehr als 30 Prozent. Spitzenreiter ist die vom Bibelwerk in Stuttgart getragene Zeitschrift "Bibel und Kirche", wo 37 Prozent der Texte von Theologinnen stammen. Die in Freiburg erscheinende "Herder Korrespondenz" gehört mit einem Autorinnenanteil von 13 Prozent zum unteren Ende der Skala. Dahinter liegen die bei Herder erscheinende Zeitschrift "Gottesdienst" mit 11 Prozent, die von den Jesuiten getragene "Zeitschrift für Theologie und Philosophie" mit 8 Prozent und das "Archiv für katholisches Kirchenrecht" mit 5 Prozent.
Werner nannte das Ergebnis "sehr, sehr ernüchternd". Das Gefühl vieler Frauen, dass sie nicht vorkämen, werde von den Zahlen belegt. "Das Störgefühl der Frauen muss sich auf die Männer ausweiten. Es muss ein gemeinsames Problembewusstsein entstehen", so die Theologin. In Richtung der Redaktionen von Zeitungen und Zeitschriften sagte sie: "Ihnen kann geholfen werden: Fragen Sie Agenda. Frauen können all das, was Männer können." Zugleich rief Werner die Theologischen Arbeitsgemeinschaften auf, den Anteil der Frauen bei ihren Tagungen zu ändern. Sie trügen die Verantwortung "für eine angemessene Repräsentanz der Theologinnen". Offenbar fehle es an Problembewusstsein, um "Unwucht und Ungleichheit" zu beheben.
Die Vorsitzende des Katholisch-Theologischen Fakultätentags (KThF), Johanna Rahner, zeigte sich über die Ergebnisse "bedrückt und betroffen". Es gelte jetzt, "auch in den eigenen Reihen daran zu arbeiten, dass es anders wird". Die Tübinger Theologin nannte es notwendig, in einem ersten Schritt auf eine "systemische Diskriminierung" von Frauen aufmerksam zu machen. Die "Standardausrede", Theologinnen bearbeiteten nicht die richtigen Themen, dürfe nicht mehr zählen. Das Argument, Frauen sähen Dinge anders, behindere letztlich Wissenschaft und Forschung. Auch bei den Medien sieht die KThV-Vorsitzende eine "mangelnde Sensibilität". (KNA)