Bischofskonferenz richtet drei regionale Projektgruppen ein

Reduzierung der Standorte für Priesterausbildung wird konkreter

Veröffentlicht am 29.01.2021 um 12:14 Uhr – Lesedauer: 

Bonn/Fulda ‐ Viele Priesterseminare, aber wenige Seminaristen: Das ist die Situation in Deutschland. Deshalb hat die Bischofskonferenz einen Prozess angestoßen, um die Zahl der Standorte zu reduzieren. Der ist nun um einiges konkreter: Drei regionale Projektgruppen beraten über konkrete Standorte.

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Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat drei regionale Projektgruppen eingerichtet, die über die Konzentration der Studienphase der Priesterausbildung beraten. Wie die DBK am Freitag mitteilte, sind mit den Arbeitsgruppen zu den möglichen Standorten Münster, Mainz beziehungsweise Frankfurt-Sankt Georgen und München noch keine definitiven Entscheidungen gefallen. Diese Entscheidung soll erst am Ende der Projektphase, voraussichtlich Ende 2022, getroffen werden. Koordiniert wird der Prozess durch den Fuldaer Bischof Michael Gerber, der die Ergebnisse auf der Sitzung des Ständigen Rats der DBK am 25. und 26. Januar vorgelegt hatte. Der Ständige Rat bekräftigte dabei seine Absicht, am Prozess festzuhalten.

Die Mehrheit der deutschen Diözesen arbeitet in einer der drei Projektgruppen mit. Kriterien für die geplanten Standorte der Studienphase sind hinreichend große Lerngruppen, Ausbilder in Vollzeit und akademische Orte, um eine gemeinsame Ausbildung aller pastoralen Dienste zu gestatten. An der Gruppe Münster beteiligen sich die Bistümer Essen, Münster und Paderborn, an Mainz/Frankfurt die Bistümer Aachen, Fulda, Freiburg, Hamburg, Hildesheim, Limburg, Mainz, Osnabrück und Trier, sowie an München Augsburg, Bamberg, Eichstätt, Freiburg, München und Freising, Passau, Speyer und Würzburg. Noch nicht über eine Zuordnung zu den Gruppen entschieden haben sich die Bistümer Dresden-Meißen, Berlin und Görlitz; Rottenburg-Stuttgart hat eine Mitarbeit im Koordinationsrat zugesagt. Das Erzbistum Köln und das Bistum Regensburg beteiligen sich nicht am Prozess und halten an ihren bisherigen Ausbildungsformaten fest.

Michael Gerber, Bischof von Fulda, während eines Interviews am 16. Juni 2019 in Fulda.
Bild: ©KNA/Angelika Zinzow (Archivbild)

Der Fuldaer Bischof Michael Gerber war in seiner Heimatdiözese Freiburg selbst Regens des Priesterseminars. Er koordiniert den Prozess.

Neben den drei Standorten ist zudem weiterhin Erfurt im Gespräch. Ob dort ein weiterer Ort der Priesterausbildung bleiben kann, wird erst später im Prozess geklärt. Bereits jetzt bilden die Bistümer Erfurt und Magdeburg eine zusätzliche Projektgruppe zu diesem Standort.

Das Studienhaus St. Lambert in Lantershofen, das Collegium Germanicum et Hungaricum in Rom und das Collegium Orientale in Eichstätt werden weiterhin als Ort der Priesterausbildung erhalten bleiben. Lantershofen ist das Seminar für Spätberufene und bietet einen Zugang zum Priesterberuf über den dritten Bildungsweg an, das Germanicum gilt als Kaderschmiede für Priester mit künftigen Führungsaufgaben, während in Eichstätt Priesterkandidaten verschiedener Ostkirchen ausgebildet werden.

Der Augsburger Bischof Bertram Meier will an der Priesterausbildung in Augsburg festhalten. Zwar wirke er im Koordinationsrat der DBK mit, er betonte jedoch am Freitag zugleich, den Standort Augsburg "derzeit" beizubehalten. Diese Entscheidung habe er nach Beratungen mit dem Domkapitel, der Hauptabteilungsleiterkonferenz und des theologischen Professorenkollegiums getroffen. Im Juni hatte er sich von den Ergebnissen der DBK-Arbeitsgruppe nicht überrascht gezeigt. Jetzt wolle er "an der weiteren inhaltlichen Profilierung der Priesterausbildung in allen Phasen, vom Propädeutikum über das theologische Studium bis hin zur pastoralen Ausbildung" mitarbeiten, heißt es in einer Pressemitteilung des Bistums.

Gerber gegen grundsätzliche Kritik an Priesterseminaren

In einem Vortrag anlässlich der Jahresversammlung des Katholisch-Theologischen Fakultätentages 2021 in Fulda am Freitag betonte Gerber, dass zwar auch der massive Einbruch der Seminaristen Auslöser für den Prozess der Konzentration der Ausbildungsorte sei. Es gehe dabei aber um mehr als eine bloße pragmatische Zusammenführung von Standorten. "Leitend ist vielmehr die Grundfrage: Welche Kompetenzen brauchen Priester, die in der Mitte und in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts in der Kirche Verantwortung haben werden?", so Gerber.

Die Zahl der Seminaristen ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, ebenso wie die der Theologiestudierenden insgesamt. Im Wintersemester 2004/2005 hatten noch 289 Erstsemester ein Vollstudium der Theologie aufgenommen. Im Wintersemester 2019/2020 waren es noch 83. Auch bei Einbeziehung aller Studienabschlüsse gehen die Studierendenzahlen der Theologie zurück. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl der Studienanfänger in den kirchlichen Studiengängen von 2839 auf 2054. "Trotz guter Aussichten, später sowohl innerhalb als auch außerhalb des kirchlichen Dienstes tätig zu sein", betont Gerber.

Der Fuldaer Bischof, der von 2011 bis 2014 Regens im Freiburger Priesterseminar war, ging dabei auch auf grundsätzliche Kritik an der Institution Priesterseminar ein. Ein Seminar sei ein "Ort der Konzentration auf wesentliche Vorgänge", aber kein "Ort der Isolation". Als Wohnform werde es bereits heute durch ergänzende Optionen wie dem Mitleben in Pfarrhäusern oder Wohngemeinschaften erweitert. Das solle künftig noch verstärkt werden. Mit Blick auf die Zukunft der Fakultäten, an deren Standort künftig keine Priesterausbildung mehr stattfinde, kündigte der Bischof an, dass der Prozess auch am "Status quo der heutigen Fakultätenlandschaft nicht spurlos vorübergehen" werde. "Es wird sicherlich keine umfassenden kirchlichen Kompensationsstrategien geben können, wenn etwa bisherige Finanzierungsmodelle nicht mehr zugänglich sind", so Gerber weiter. Die Fakultäten sind bisher durch Konkordate abgesichert, die mit Blick auf ihre Funktion als Priesterausbildungsstätte geschlossen wurden.

Mit der November-Sitzung des Vorjahres des Ständigen Rats war ein "mehrjähriger geistlicher Prozess zur Qualitätssicherung der Priesterausbildung in Deutschland" abgeschlossen worden, auf den die Beauftragung Gerbers folgte. Dabei wurde auch die Einrichtung eines Koordinationsrats Priesterausbildung beschlossen. Er setzt sich zusammen aus den Diözesanbischöfen, deren Bistümer in den Prozess eingebunden sind, den Leitungen der regionalen Projektgruppen der Standorte sowie dem Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Regentenkonferenz. Der Rat soll erstmals Ende Februar 2021 nach der Vollversammlung der DBK tagen.

Die Ankündigung einer Konzentration hatte zu kritischen Diskussionen geführt. Die Vorsitzende des Fakultätentags, die Tübinger Dogmatikerin Johanna Rahner, bezeichnete die Pläne im Juni 2020 als "hochgradig naiv". Sie sah darin "das Ideal einer Priesterausbildung, wie es Mitte des 16. Jahrhunderts auf dem Konzil von Trient formuliert wurde". Der emeritierte Würzburger Pastoraltheologe Erich Garhammer sprach von "alten Denkformen des klerikalen Milieus". Auch einige Bischöfe äußerten sich skeptisch. (fxn)

29.1., 12:45 Uhr: Ergänzt um Vorgehen im Bistum Augsburg.