Bistum Würzburg startet Aufarbeitung von Missbrauch
"Es geht auch bei uns darum, dass Verantwortliche beim Namen genannt werden. Das ist das große Ziel." An diesem Satz wird sich Bischof Franz Jung messen lassen, wenn es um die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Würzburg geht. Jung ist erst zweieinhalb Jahren im Amt. Und hat von Beginn an eine klare Linie verfolgt.
Dennoch ist das Projekt wie in vielen anderen deutschen Diözesen auch in Würzburg kein einfaches. Das musste der Bischof nun spüren, als es um die Beteiligung von Betroffenen ging. Deren Gremium, den Betroffenenbeirat, muss nämlich das Bistum nun nach Kritik Einzelner neu aufstellen.
Bischof suchte direktes Gespräch mit Betroffenen
Dabei hat sich das Bistum unter Jung außerordentlich intensiv mit dem Thema befasst. Wenige Wochen nach Veröffentlichung der Missbrauchsstudie für die katholische Kirche in Deutschland im September 2018 hatte der Würzburger Bischof seine Akademie eine Veranstaltung dazu planen lassen. Als einer der ersten Bischöfe setzte er sich dort öffentlich mit Betroffenen auseinander. Und es war ebenfalls in der Domschule in Würzburg, bei der der vatikanische Kinderschutz-Experte Hans Zollner erstmals öffentlich darauf drängte, auch Verantwortlichkeiten zu benennen.
Auch das direkte Gespräch mit den Betroffenen suchte der Bischof früh. Immer wieder lud er offen zu Begegnungen ein. Ausgerechnet das ließ Misstöne zu den Aufarbeitungsbemühungen in Würzburg aufkommen. Die Betroffenen in diesem Format hatten beschlossen, offiziell als Betroffenenbeirat weiter zu beraten. Jung trug diese Entscheidung zunächst mit. Sie ist auch durch eine entsprechende Rahmenordnung für solche Beiräte gedeckt.
Doch andere, die selbst bei der Entscheidung nicht anwesend waren, übten Kritik. Man habe nicht zustimmen oder ablehnen können, monierte einer in einem offenen Brief an den Bischof, der für Schlagzeilen sorgte. Nun hat Jung nachjustiert und eine offizielle Ausschreibung veranlasst. Noch bis 10. März können Interessierte sich um eine Mitarbeit in dem Betroffenenbeirat bewerben.
Das Gremium ist insofern von Bedeutung, da es fest verankert ist in jener Erklärung, die die deutschen Bischöfe mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung im vergangenen Frühjahr vereinbart haben, und die festlegt, wie Aufarbeitung geschehen soll - nämlich über sogenannte Aufarbeitungskommissionen. Diese gibt es eigentlich auch schon im Bistum Würzburg weitgehend, wie der Bischof am Mittwoch erklärte. Lediglich die zwei Mitglieder, die der Betroffenenbeirat vorschlägt, fehlen.
Jung: Kölner Kardinal an Aufklärung von Missbrauch messen
Daneben sollen vier Experten aus Wissenschaft, medizinischer Fachpraxis, Justiz und öffentlicher Verwaltung sowie ein Vertreter der Diözese die Aufarbeitung verantworten. Die Vorbereitungen seien nahezu abgeschlossen, betonte der Bischof und machte deutlich, dass er lieber schon weiter wäre.
Schon im Herbst hatte er angekündigt, dass die wissenschaftliche Aufarbeitung in Zusammenarbeit mit der Universität Würzburg geschehen soll. Ist das alles in trockenen Tüchern, will Jung auch die Erklärung von Bischöfen und Missbrauchsbeauftragten mit seiner Unterschrift für seine Diözese in Kraft setzen.
Das Ziel jedenfalls ist für Jung klar: Aufarbeitung heißt für ihn, dass Strukturen, die Missbrauch begünstigten, offengelegt und auch Verantwortlichkeiten benannt werden. Das betont er immer wieder. Wie schwierig das dann im konkreten Fall werden kann, zeigen die Vorgänge im Erzbistum Köln, wo aus der Aufarbeitung längst ein Streit unter Anwälten geworden ist und Betroffene sich instrumentalisiert fühlen. Auf die Vorgänge angesprochen sagt Jung: "Der Kardinal in Köln hat Aufklärung versprochen. Sie soll im März kommen. Ich denke, man wird ihn daran messen müssen, wie weit diese Aufklärung dann im März auch geleistet wird."