"Ein starkes Zeichen wird manchmal gebraucht"

Abtpräses: Einfache Entschuldigungsbitten von Bischöfen reichen nicht

Veröffentlicht am 09.02.2021 um 15:16 Uhr – Lesedauer: 

Berlin/Sankt Ottilien ‐ Nur öffentliche Entschuldigungsbitten seien meist zwar "gut gemeint, reichen aber nicht": Benediktiner-Abtpräses Jeremias Schröder rät Bischöfen bei schwerem Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchsfällen zu deutlichen Zeichen, die authentisch sind.

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Abtpräses Jeremias Schröder von der Benediktinerkongregation Sankt Ottilien rät Bischöfen und Ordensoberen im Fall eines schweren Fehlverhaltens im Umgang mit Missbrauchsfällen, auch die Möglichkeit eines Rücktritts in Betracht zu ziehen. "Ein starkes Zeichen wird manchmal gebraucht", sagte Schröder am Dienstag in einer Online-Veranstaltung der Berliner Katholischen Akademie und verwies auf den Fall des französischen Kardinals Philippe Barbarin. Nur öffentliche Entschuldigungsbitten seien meist zwar "gut gemeint, reichen aber nicht", betonte Schröder.

Nach Bekanntwerden von sexuellem Missbrauch durch Patres am Berliner Jesuitengymnasium Canisius-Kolleg wurden solche Fälle im Jahr 2010 auch in der Schule des bayerischen Klosters Sankt Ottilien bekannt. Am wichtigsten bei der Aufarbeitung seien anschließend Gespräche mit den Betroffenen "auf Augenhöhe" gewesen, erklärte Schröder, der von 2000 bis 2012 Erzabt von Sankt Ottilien war. Dabei dürfe die Bitte um Geduld bei der Aufklärung der Fälle nicht zum Ziel haben, Taten zu vertuschen. Bis heute spüre er in der Kirche jedoch gelegentlich, dass der Schutz der Institution beim Umgang mit Missbrauchsfällen Vorrang habe.

Schröder sprach bei einer neuen Online-Gesprächsreihe der Akademie unter dem Titel "Zwei nach zwölf. Gespräch über Gott und die Welt" zum Thema "Vergebung in der Krise". Vom bayerischen Kloster Sankt Ottilien aus steht er als Abtpräses an der Spitze von rund 1.100 Mönchen, die in 20 Klöstern auf vier Kontinenten leben.

Schröder: Spahn ist "religiös wach" und "stark christlich motiviert"

Schröder Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für dessen Aussage zum nötigen Verzeihen in der Corona-Pandemie Respekt. Damit habe Spahn "den politischen Rahmen von Anklage und Kritik gesprengt", sagte Schröder bei der Online-Veranstaltung. Er habe die "menschliche Dimension des Politikers durchschauen lassen".

Spahn hatte im vergangenen April mit Blick auf die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie im Bundestag gesagt: "Wir werden in ein paar Monaten einander wahrscheinlich viel verzeihen müssen." Damit habe er sich als "religiös wacher" Mensch erwiesen, der "stark christlich motiviert" sei, so der Abtpräses. Aus der Äußerung ließen sich zwar "nicht sofort politische Handlungsanweisungen ziehen", räumte Schröder ein. Sie belege jedoch, "was die Pandemie-Zeit an Tiefenschichten des Lebens aufzeigt". (tmg/KNA)