Vorwürfe der Körperverletzung und Freiheitsberaubung fallen gelassen

Tessiner Staatsanwaltschaft stellt Verfahren gegen Ex-Generalvikar ein

Veröffentlicht am 25.02.2021 um 11:14 Uhr – Lesedauer: 

Lugano ‐ Drei Monate war das Bistum Lugano im Ungewissen: Hat ein ehemaliger Generalvikar eine Frau gegen ihren Willen zwölf Jahre lang in seiner Wohnung festgehalten? Nun hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt – doch es bleiben Rätsel.

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Die Staatsanwaltschaft im Schweizer Kanton Tessin hat ihre Ermittlungen gegen einen ehemaligen Generalvikar der Diözese Lugano eingestellt, dem Freiheitsberaubung und Körperverletzung vorgeworfen wurden. Wie das Bistum Lugano am Mittwoch mitteilte, ist die strafrechtliche Untersuchung gegen den 80-jährigen Priester nun abgeschlossen. Das Bistum begrüßt die Feststellung der Staatsanwaltschaft, dass kein strafrechtlich relevantes Verhalten vorlag. In der Wohnung des Theologen war im November des vergangenen Jahres eine 48-jährige Frau in verwahrlostem Zustand entdeckt worden, die sich dort seit zwölf Jahren aufgehalten haben soll. Zunächst war vermutet worden, dass sie dort gegen ihren Willen festgehalten worden sei. Nach Informationen von kath.ch handle es sich dabei um ein "tragisches Missverständnis". Das mutmaßliche Opfer sei psychisch krank, zitiert das Portal eine anonyme mit den Vorgängen vertraute Quelle. "Es ist nicht so, dass der Priester die Frau eingesperrt hat. Sie selber wollte die Wohnung seit Jahren nicht mehr verlassen und ließ auch niemanden in die Wohnung", so die Quelle. Offizielle Stellungnahmen zu dem Vorgang gibt es nicht.

Laut Bistum wird der Priester trotz seiner Entlastung auf sein Amt im Domkapitel und seinen Lehrauftrag an der theologischen Fakultät von Lugano verzichten. "Nach dem großen Medienrummel" habe er sich entschieden, sich zurückzuziehen, so der Sprecher der Diözese. Die ihm seitens des Staats zustehende Entschädigung für das Ermittlungsverfahren wolle er laut kath.ch nicht annehmen.

Bei der betroffenen Frau soll es sich um eine finnische Staatsbürgerin handeln, die der Priester online kennengelernt hatte. Zunächst habe er sie als Hausdame nach Lugano geholt. In der Wohnung solle Chaos geherrscht haben, die Frau sei von der Polizei in einem verwahrlosten Zustand gefunden worden. Erst durch Hinweise von Handwerkern war die Situation in der Wohnung, die sich in unmittelbarer Nähe zum Sitz des Bischofs befindet, bemerkt worden. Der Priester war nach seiner Festnahme im November nach drei Tagen wieder auf freien Fuß gesetzt worden, nachdem der Haftrichter aufgrund des Alters und damit einhergehender Einschränkungen keinen Grund für eine weitere Haft sah. Das Bistum Lugano hatte unmittelbar nach Bekanntwerden des Falls den Behörden uneingeschränkte Kooperation bei den Ermittlungen zugesagt. (fxn)