Schönstatt räumt Versäumnisse im Umgang mit Missbrauchstäter ein
Die Schönstatt-Bewegung räumt Fehler im Umgang mit Informationen über den mehrfach verurteilten Missbrauchstäter "Pfarrer A." ein. Wie die Bewegung am Montag mitteilte, hat sie im Dezember 2020 durch Recherchen des WDR erfahren, dass der Kölner Pfarrer in den 1970er Jahren vor seinen Verurteilungen am Aufbau einer Schönstatt-Jugendgruppe beteiligt war und in den 1990er Jahren Familienfreizeiten der Bewegung begleitet hatte. Er selbst habe auch nach seinen Verurteilungen in den Jahren 1972 und 1988 an Angeboten der Schönstatt-Priesterbewegung teilgenommen und priesterliche Aufgaben bei Angeboten für alleinstehende Frauen wahrgenommen. Die Veranstalter und Organisatoren dieser Treffen seien über den Hintergrund des Priesters nicht informiert worden. "Auch in Schönstatt sind im Umgang mit der Information um A.s strafrechtlichen Hintergrund Fehler gemacht worden", heißt es in der Erklärung der Bewegung. Mindestens zwei Schönstatt-Priestern seien die Verurteilungen bekannt gewesen. Hinweise auf weitere Taten von Pfarrer A. im Rahmen seiner Tätigkeit für Schönstatt gebe es nicht.
Der Leiter der deutschen Sektion der Bewegung, Pater Ludwig Güthlein, hatte am Wochenenden die Delegiertentagung über den Fall informiert und dabei betont, dass die Bewegung der Verantwortung gegenüber ihren Mitgliedern nicht gerecht geworden sei. Dafür bitte er um Verzeihung. "Klar ist, dass die damalige Praxis von erneuter pastoraler Verantwortungsübertragung nicht zu rechtfertigen ist", so Güthlein. Hauptaufgabe müsse es sein, Menschen vor Übergriffen zu schützen. Die mittlerweile geltenden Präventionsregeln der Diözesen und die entsprechenden Schutzkonzepte der verschiedenen Schönstatt-Gemeinschaften würden heute eine größere Sicherheit gewährleisten. Gegenüber möglichen Betroffenen sprach Güthlein ein Gesprächsangebot aus und verwies unter anderem auf die von der Gemeinschaft benannte Ansprechpartnerin zum Thema sexuellen Missbrauch.
Woelki: "Jahrzehntelange Aneinanderreihung schwerer Fehler"
Der Fall des Pfarrers A. beschäftigt seit Jahren mehrere Bistümer. Neben seiner Heimatdiözese Köln war er auch in Münster und als Ruhestandsgeistlicher in Essen tätig. 1972 wurde er wegen "fortgesetzter Unzucht mit Kindern und Abhängigen" zu einer Haftstrafe verurteilt und danach ab 1973 im Bistum Münster eingesetzt. 1988 wurde er erneut wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen verurteilt. 1989 kehrte er als Altenheimseelsorger nach Köln zurück. Als Ruhestandsgeistlicher war er dann von 2002 bis 2015 in im Bistum Essen, 2019 verbot ihm der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki priesterliche Dienste. Inzwischen hat die Glaubenskongregation im Vatikan einen kirchlichen Strafprozess gegen den Geistlichen begonnen, der heute in einem Pflegeheim lebt. Aus der Essener Zeit sind keine weiteren Taten bekannt. Bischof Franz-Josef Overbeck räumte jedoch eigene Versäumnisse und Schuld im Umgang mit dem Fall ein.
Ein Sondergutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zu Pfarrer A. wurde im November durch den Kölner Stadt-Anzeiger veröffentlicht. Darin werden den Kölner Kardinälen Joseph Höffner (1906-1987) und Joachim Meisner (1933-2017) und ihren Generalvikaren Peter Nettekoven (1914-1975) und Norbert Feldhoff sowie dem Münsteraner Bischof Heinrich Tenhumberg (1915-1975) pflichtwidriges Handeln attestiert. Auch der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße soll als damaliger Kölner Personalchef einen 2008 gemeldeten Verdachtsfall zu Pfarrer A. nicht an die zuständige Person weitergeleitet haben. Heße bestreitet dies. Kardinal Woelki bezeichnete den Umgang mit dem Fall als "jahrzehntelange Aneinanderreihung schwerer Fehler". Der Fall A. wird auch Thema des für den 18. März angekündigten neuen Kölner Gutachtens und einer für 2022 angekündigten Untersuchung des Bistums Münster sein. "Wir werden die Ergebnisse dieser Untersuchungen verfolgen und auswerten", so die Erklärung der Schönstatt-Bewegung. (fxn)