Seid verschwenderisch in der Liebe!
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Impuls von Schwester Regina Greefrath
Die heutige Perikope – chronologisch verortet zwischen dem Einzug Jesu in Jerusalem und der Feier des Letzten Abendmahls – hat eine große inhaltliche Dichte. Zwei Aspekte sind mir bei der ersten Lektüre besonders hängengeblieben: das Bild des Weizenkorns, das Frucht bringt, und der Wunsch der Griechen: "Wir möchten Jesus sehen."
Das Bild vom Weizenkorn, das erst durch die Einsamkeit und den Tod gehen muss, um sich entfalten und Frucht bringen zu können, klingt zunächst etwas befremdlich. Kann ich nicht mein Leben lieben und trotzdem Frucht bringen? Hier ist die Kunst des Loslassens gefragt.
Ein Mensch, der um sich selbst kreist und nur den eigenen Erfolg im Blick hat, der sich ständig mit anderen vergleicht und auf das sieht, was er nicht hat, der sich an seinen Besitz klammert und anderen nichts gönnen kann… der läuft Gefahr den Bezug zur Gemeinschaft und zu Gott zu verlieren. Die Folgen sind gravierend: Einsamkeit, Verbitterung, Unzufriedenheit, Eifersucht. Ein solches Leben ist nicht erfüllend, es bringt keine Frucht.
Dagegen kann jemand, der hilfsbereit und freigebig ist, der bereit ist, sich herausfordern zu lassen und Neues zu wagen, der den anderen auf Augenhöhe begegnet und ihr Wohl im Blick hat, kurz: jemand, der echte und bedingungslose Hingabe lebt, einen Vorgeschmack auf dieses Leben in Fülle verkosten, das Gott uns versprochen hat. Unser Leben wird nur dann fruchtbar, wenn wir uns nicht daran festklammern, sondern wenn wir loslassen können und unsere Gaben und Fähigkeiten zum Wohle anderer einsetzen.
Das Bild vom Weizenkorn hat in Bezug auf das Leben Jesu noch eine andere Bedeutungsnuance: Jesus spielt damit auf seinen bevorstehenden Tod an. Wenn ich Jesus sehen will, kann ich nicht nur auf seine Person und sein Leben schauen, sondern muss darüber hinaus sein Sterben und seine Auferstehung in den Blick nehmen.
Das Leben und Sterben Jesu hat reiche Frucht gebracht. Diese Frucht ist die Liebe. Liebe, so formulierte es Ricarda Huch, ist das Einzige, was wächst, wenn man es verschwendet. So gesehen kann man das Bild vom Weizenkorn auch als Aufforderung verstehen: Seid verschwenderisch!
Liebt Gott und liebt euren Nächsten! Setzt eure Fähigkeiten für die Gemeinschaft ein! Lebt so, dass ihr mit eurem Leben ein authentisches Zeugnis für euren Glauben ablegt! Lebt so, dass ihr durch eure Haltung und euer Tun Christus sichtbar wird! Lebt so, dass eure Begeisterung andere ansteckt. Lebt so, dass euer Leben Frucht bringt!
So verstehe ich auch den Wunsch der Griechen: sie möchten nicht nur einen Blick auf Jesus werfen, sondern ihn und seine Botschaft verstehen und begreifen.
Evangelium nach Johannes (Joh 12,20–33)
In jener Zeit gab es unter den Pilgern, die beim Fest Gott anbeten wollten, auch einige Griechen. Diese traten an Philippus heran, der aus Betsaida in Galiläa stammte, und baten ihn: Herr, wir möchten Jesus sehen.
Philippus ging und sagte es Andreas; Andreas und Philippus gingen und sagten es Jesus. Jesus aber antwortete ihnen: Die Stunde ist gekommen, dass der Menschensohn verherrlicht wird.
Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. Wer sein Leben liebt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt gering achtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben.
Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren.
Jetzt ist meine Seele erschüttert. Was soll ich sagen: Vater, rette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche deinen Namen!
Da kam eine Stimme vom Himmel: Ich habe ihn schon verherrlicht und werde ihn wieder verherrlichen. Die Menge, die dabeistand und das hörte, sagte: Es hat gedonnert. Andere sagten: Ein Engel hat zu ihm geredet.
Jesus antwortete und sagte: Nicht mir galt diese Stimme, sondern euch. Jetzt wird Gericht gehalten über diese Welt; jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden. Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen.
Das sagte er, um anzudeuten, auf welche Weise er sterben werde.