Auf der Suche nach dem Gottesraum
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Impuls von Schwester Anne Kurz
Wir stehen am Beginn der Heiligen Woche. Sie ist Zuflucht für unser zerbrechliches und unsicheres Leben. Sie öffnet den Raum des Gebets und Mitleids. Sie ist Herberge für den von Liebe und Tod verwundeten Menschen. Sie ist Bleibe in Hoffnung für immer.
Faszination geht von Jesus aus. Mich spricht an, wie gesammelt und wach er seine letzten Tage lebt. Zwei Orte prägen die letzten Tage: Betanien und Jerusalem. Betanien ist ein friedlicher Ort. Spenden die Olivenbäume ihm hier in seinen letzten Nächten Trost? Atmet er hier auf und betet: "Ich will noch einmal verstohlen Atem holen in Deiner Ewigkeit"?
Morgens geht er jeweils nach Jerusalem, lehrt im Tempel und kehrt abends zurück. Warum wählt Jesus beide Orte? Er lässt sich weder ganz in Richtung des Tempels ziehen, wo der Konflikt zwischen ihm und der Hohen Geistlichkeit immer deutlicher wird. Noch weicht er nach Betanien aus. Als er in Jerusalem einzieht – das feiern wir heute – sucht er den Tempel des Herrn.
Sollten in seinem Herzen nicht die Wallfahrtspsalmen erklungen sein? In seiner Schutzbedürftigkeit angesichts seines nahen Todes kam ihm vielleicht ein so zärtlicher Vers wie dieser: "Auch der Sperling fand ein Haus und die Schwalbe ein Nest, wohin sie ihre Jungen gelegt hat – deine Altäre, Herr der Heerscharen." (Ps 84,4)
Doch die Altäre, die er vorfindet, bergen ihn nicht. Der letzte Vers der Episode erzählt: "Er zog nach Jerusalem hinein, in den Tempel; nachdem er sich alles angesehen hatte, ging er spät am Abend mit den Zwölf nach Betanien hinaus." Heiligtümer, Weihrauch, Opfer, Liturgien, Rechtgläubigkeit und die Pracht der Bauten können eine berauschende Wirkung entfalten. Jesu Gebet legt eine Wachheit und Nüchternheit an den Tag.
Die großen Gebete der Heiligen Woche finden woanders statt: Im Obergemach eines Wohnhauses gibt Jesus sich in Brot und Wein. Es ist Pessach. Das Gedenken an die Treue Gottes erfüllt den Raum. Das bekannte Gebet im Garten Getsemani. Der Frühjahrsvollmond steht am Himmel. Jesus betet auf die Erde geworfen. Voll Todesangst und Trauer. Er durchsteht das innere Ringen und steht auf.
Am Kreuz das Gebet des Sterbenden. Sein Rufen nach Gott. Der Schrei. Der letzte Atemzug. Alles ist gesagt und gegeben. Jetzt wird unser Blick wieder auf den Tempel gelenkt: Der Vorhang im Tempel zerreißt in zwei Teile von oben bis unten.
Gott ist nicht entweder im Tempel oder in Betanien, nicht entweder in der Kirche oder zuhause, sondern immer mitgehend. Gottes Verheißung weitet den Raum des Gottesdienstes über uns, denn er spricht: "Ich bin, wo Du bist."
Evangelium nach Markus (Mk 11,1–10)
Es war einige Tage vor dem Paschafest. Als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage und Betanien am Ölberg, schickte er zwei seiner Jünger aus.
Er sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; gleich wenn ihr hineinkommt, werdet ihr ein Fohlen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet es los und bringt es her! Und wenn jemand zu euch sagt: Was tut ihr da?, dann antwortet: Der Herr braucht es; er lässt es bald wieder zurückbringen.
Da machten sie sich auf den Weg und fanden außen an einer Tür an der Straße ein Fohlen angebunden und sie banden es los. Einige, die dabeistanden, sagten zu ihnen: Wie kommt ihr dazu, das Fohlen loszubinden? Sie gaben ihnen zur Antwort, was Jesus gesagt hatte, und man ließ sie gewähren.
Sie brachten das Fohlen zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier und er setzte sich darauf. Und viele breiteten ihre Kleider auf den Weg aus, andere aber Büschel, die sie von den Feldern abgerissen hatten.
Die Leute, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten, riefen: Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn! Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt. Hosanna in der Höhe!