Franziskus kritisiert bisherige Praktiken seiner Behörden

Papst: Vatikanisches Justizsystem muss besser werden

Veröffentlicht am 27.03.2021 um 16:41 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Bei der Eröffnung des vatikanischen Justizjahres hat Papst Franziskus nicht mit Kritik an seiner Behörde gespart: Die Praktiken hätten nicht immer die erforderliche Schnelligkeit. Und auch Privilegien aus der Vergangenheit müssten abgestellt werden.

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Weitere Reformen und eine bessere internationale Zusammenarbeit des vatikanischen Justizsystems hat Papst Franziskus gefordert. Es sei "dringend erforderlich, neue und einschneidendere Formen der Zusammenarbeit, wie sie von internationalen Finanzmarktaufsichtsinstitutionen gefordert werden, zu identifizieren und ... einzuführen", sagte das Kirchenoberhaupt (Samstag) zur Eröffnung des 92. Justizjahres im Vatikan.

Zwar hatte Vatikan-Staatsanwalt Gian Piero Milano zuvor auf einige Erfolge von Staatsanwaltschaft und Gericht des Vatikanstaates verwiesen. Doch bei Ermittlungen zu Finanzgeschäften des Staatssekretariats musste der Vatikan in den vergangenen Monaten Rückschläge hinnehmen, weil Gerichte in Italien und Großbritannien Vollstreckungsgesuche der Vatikanbehörde abgelehnt hatten.

In Anwesenheit unter anderem von Italiens Ministerpräsident Mario Draghi kritisierte Franziskus bisherige Praktiken seiner Behörden, "die nicht immer der Schnelligkeit entsprechen, die die Dynamik der Untersuchung fordert". Ziel aller Initiativen müsse "absolute Transparenz der institutionellen Aktivitäten des Vatikanstaates sein, vor allem im wirtschaftlichen und finanziellen Bereich".

Privilegien aus der Vergangenheit müssten abgestellt werden

Maßstäbe dafür seien einerseits die Grundprinzipien kirchlichen Lebens sowie andererseits "auf internationaler Ebene geltende Parameter und 'guten Praktiken'. Zudem müsse das vatikanische Prozesssystem die Gleichheit aller, "ihre gleiche Würde und Stellung zum Ausdruck zu bringen". Etwaige Privilegien einzelner Gruppen, die aus der Vergangenheit stammen, gelte es abzustellen.

In seinem Jahresbericht für 2020 verwies Staatsanwalt Milano auf eine Reihe internationaler Kooperationen mit Italien, Großbritannien, Brasilien, Jersey, Slowenien und Polen. Dabei sei es um Verdachtsfälle wie etwa Geldwäsche oder Veruntreuung gegangen. Rund 105 Millionen Euro veruntreuter Gelder sind Milanos Aussage zufolge zum Teil bereits requiriert.

Zudem nannte Milano das im Januar verhängte Urteil den früheren Vatikanbank-Präsidenten Angelo Caloia und dessen Rechtsberater Gabriele Liuzzo zu jeweils acht Jahren und elf Monaten Freiheitsstrafe wegen Geldwäsche und Unterschlagung. Beide wollen aber in Berufung gehen. Gleichzeitig räumte Milano ein, der Reformprozess sei "noch lange nicht abgeschlossen, da es in vielen Bereichen noch Lücken und Ungereimtheiten" gebe. (KNA)