Kohlgraf: Religionsunterricht muss nicht "gute Katholiken" schaffen
Für den Mainzer Bischof Peter Kohlgraf ist der Religionsunterricht ein wichtiger Bildungsort für junge Menschen. Ziel des konfessionellen Unterrichts sei, Schüler bei der Entwicklung einer religiösen Identität "gerade in der Begegnung mit unterschiedlichen Glaubenden" zu unterstützen, so Kohlgraf im "Herder Korrespondenz"-Sonderheft zu Perspektiven des Religionsunterrichts. Es gehe keineswegs darum, "aus den Schülern einfach gute Katholiken zu machen", sondern junge Menschen zum Nach- und Mitdenken zu bringen. "Wer den Papst gut findet, bekommt nicht automatisch eine Eins, aber wer den Papst schlecht findet und das begründet, kann durchaus eine Eins bekommen."
Kohlgraf sieht Religion als ordentliches Lehrfach an staatlichen Schulen, "so wie es unsere Verfassung vorsieht". Das Modell einer Kooperation zwischen Kirchen und Staat habe sich bewährt: "Die Kirchen und Religionsgemeinschaften verantworten die Inhalte, weil sie hier eine eigene Kompetenz haben, und weil sich Religion über eine persönliche Haltung vermittelt. Aber nie wird im Religionsunterricht Glaube bewertet, das wäre völlig abwegig." Seine eigene mehrjährige Arbeit als Religionslehrer an Schulen beschrieb Kohlgraf auch als großen persönlichen Gewinn. Er habe von den Schülern viel für sein Leben und seinen Glauben gelernt.
Laut einer aktuellen Umfrage unter den 16 Kultusministerien der Bundesländer besuchen immer weniger Schüler den katholischen oder evangelischen Religionsunterricht. Die Rückgänge fallen regional unterschiedlich stark aus. In den bevölkerungsstärksten Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Bayern sank der Anteil der Schüler, die am Religionsunterricht teilnahmen, binnen zehn Jahren deutlich. (tmg/KNA)