Laienpredigt? "Lebensvielfalt soll sich auch in der Liturgie abbilden"
Vergangenes Jahr lautete das Motto "Frauen verkünden das Wort", dieses Jahr heißt es "Wir verkünden das Wort": Erneut plant die Frauenseelsorge im Bistum Osnabrück im September eine Predigt-Aktionswoche. Dabei sind alle ehrenamtlich und hauptamtlich engagierte Laien eingeladen, in den Gottesdiensten die Heilige Schrift auszulegen. Das gilt somit auch für die sonntägliche Eucharistiefeier – obwohl die Predigt dort im Gegensatz zu anderen Gottesdienstformen, bei denen auch Laien predigen dürfen, eigentlich geweihten Männern vorbehalten ist. Nach und nach starten in diesen Wochen sogenannte Predigtwerkstätten, bei denen Gläubige, die an der Aktion teilnehmen wollen, das theologische und homiletische Rüstzeug erhalten. Gisela Püttker, die die Aktionswoche mitorganisiert und auch eine der Predigtwerkstätten leitet, stellt die Hintergründe vor, erläutert, wie eine Predigtwerkstatt konzipiert ist – und sagt, warum ihrer Ansicht nach auch Laien in einer Eucharistiefeier predigen dürfen sollten.
Frage: Frau Püttker, Frauen und Männer aus dem Bistum Osnabrück werden im September eine Woche lang eingeladen, in Gottesdiensten die Schrifttexte auszulegen und zu predigen. Kalkulieren Sie ein, dass das auch im Sonntagsgottesdienst geschieht?
Püttker: Gewiss. Das liegt aber auch in der Entscheidung der Teilnehmenden und der Verantwortlichen in den Gemeinden. Wenn jemand sagt, er oder sie möchte das gerne in einer Eucharistiefeier machen und ein Übereinkommen mit dem Pfarrer erzielt, soll das natürlich möglich sein. Wir sind in der glücklichen Lage, dass unser Bischof Franz-Josef Bode die Aktionswoche unterstützt und wie im vergangenen Jahr an die leitenden Pfarrer einen Brief geschrieben hat, in dem er um Unterstützung für die Aktionswoche bittet.
Frage: Kann man die Aktionswoche demnach als erneutes Zeichen in der Diskussion um die Predigt von Nicht-Geweihten in der Eucharistiefeier auffassen?
Püttker: Das kann man sicher so verstehen. Aber in erster Linie wollen wir Menschen ermutigen und zeigen, dass es unterschiedliche Charismen, Geistesgaben gibt. Wir wollen deutlich machen, dass sich die Vielfalt des Lebens auch in Liturgie abbildet – und Realitäten schaffen.
Frage: Können Sie es nachvollziehen, dass die Kirche nach wie vor offiziell untersagt, dass Laien in einer Eucharistiefeier die Homilie halten?
Püttker: Wenn ich alle Dokumente darüber lese, kann ich das natürlich referieren – aber es nachzuvollziehen, fällt mir schwer. Für mich gibt es vielfältige Gründe, die gegen dieses Verbot sprechen. Sie haben gerade von dem "Zeichen" gesprochen, das wir mit der Aktionswoche setzen wollen: In der Kirchengeschichte hat sich meistens dann etwas verändert, wenn gehandelt wurde. Das wurde dann später von Lehrschreiben und Dokumenten eingeholt und nachträglich bestätigt. Aus dieser Hoffnung heraus engagiere ich mich auch bei diesem Thema.
Frage: Was sind aus Ihrer Sicht Gründe, die gegen ein Verbot der "Laienpredigt" in der Eucharistie sprechen?
Püttker: Wenn man will, dass Liturgie wirklich mit dem Leben zu tun hat, kann die Predigt nicht nur geweihten Männern vorbehalten sein. Mir persönlich geht es immer darum, nach Charismen zu suchen: Wo hat jemand eine Begabung, wo hat jemand etwas zu sagen? Ich finde, manche Begabungen können sich auch ergänzen. In die Liturgie wird eine Vielfalt von Lebenswirklichkeiten transportiert: Wir feiern Eucharistie, wir feiern das Wort Gottes – aber wir feiern auch das Leben. An vielen kirchlichen Stellen ist immer davon die Rede, die Berufung aus der Taufe heraus zu stärken und zu fördern. Das muss auch in der Liturgie vorkommen. Ein Priester sagte mal etwas spitzfindig zu mir: "Aber ihr verkündet doch, wenn ihr als Lektoren das Wort Gottes vortragt." Ich habe dann zu ihm gesagt, dass er ganz genau weiß, dass das etwas anderes ist.
Frage: Glauben Sie, dass es etwas gibt, was Laien in der Verkündigung vielleicht besser transportieren können als Priester?
Püttker: Das glaube ich schon – genauso wie Geweihte sicherlich einige Sachen besser einbringen können. Bei manchen Themen wäre es bestimmt auch glaubwürdiger, wenn Laien predigen, weil die Gläubigen ihnen vielleicht eher abnehmen, was sie sagen.
Frage: Manche Bischöfe haben bereits gesagt, dass über das "Predigtverbot" von Laien nochmal nachgedacht werden soll. Gleichzeitig betonen sie aber, dass die Qualität der Predigt gewährleistet sein muss – und schlagen daher vor, theologisch ausgebildete pastorale Mitarbeiter predigen zu lassen. Wie viel theologische Bildung ist nötig, um predigen zu können?
Püttker: Die Qualität einer Predigt muss natürlich stimmen. Wir haben die Predigtwerkstätten in diesem Jahr deshalb auch ausgeweitet, weil wir gesagt haben, wir wollen nicht bloß etwas "durchdrücken". Wir haben natürlich auch den Anspruch, dass gute Ergebnisse rauskommen. Wenn die Qualität nicht gewährleistet ist, kann man die gesteckten Ziele auch nicht erreichen. Was die Frage nach der theologischen Qualifikation angeht: Ich finde, das ist nicht das Einzige, was für eine Predigt wichtig ist. Da spielen mehrere Komponenten eine Rolle. Man muss ja auch in der Lage sein, die Botschaft authentisch und glaubwürdig rüberzubringen. Unser Fokus bei der Aktionswoche liegt darauf, die Interessierten beim Erstellen einer Predigt zu begleiten. Wir haben aber letztes Jahr gemerkt, dass bei den Teilnehmern durch die Werkstatt auch die Lust geweckt wurde, sich weiterzubilden – etwa im Bereich Bibel oder Sprecherziehung.
Frage: Die Predigt-Aktionswoche im vergangenen Jahr richtete sich ausschließlich an Frauen. Dieses Jahr werden auch Männer angesprochen. Wie kam es dazu?
Püttker: In der Reflexion im vergangenen Jahr kam – auch von den Teilnehmerinnen – die Frage auf, ob man so eine Aktion nicht ad absurdum führt, wenn sie nur auf Frauen reduziert wird. Denn wenn wir uns für Gleichberechtigung in der Kirche einsetzen, können wir nicht geweihte Männer nicht einfach ausgrenzen.
„Sie muss mein Leben berühren, sie muss mich als Zuhörerin berühren. Aber sie ist schon dann gut, wenn ich eine Botschaft mitnehme.“
Frage: Wie sieht der Teilnehmerkreis bei den Predigtwerkstätten aus?
Püttker: Es sind viele ehrenamtlich engagierte Frauen dabei, aber auch Ordensfrauen. Rund ein Fünftel der Teilnehmer sind Männer. Es gibt sogar einen Priester, der sich angemeldet hat. Ich finde, das ist eine gute Mischung.
Frage: Wie ist so eine Predigtwerkstatt konzipiert?
Püttker: Zunächst stellen wir die Bibeltexte, die in der Aktionswoche in der Liturgie gelesen werden, vor und widmen uns dem liturgischen Rahmen einer Predigt. Bei den darauffolgenden Treffen geht es dann um die homiletischen Grundlagen. Anschließend ist einige Wochen Zeit, am eigenen Entwurf zu arbeiten – und den trägt man dann vor und bekommt ein Feedback. Aber vor aller Predigtlehre steht die konkrete Auseinandersetzung mit der Bibel. Wir haben uns da auf jeweils einen Text geeinigt, mit dem wir eine intensive Bibelarbeit machen.
Frage: Sie leiten auch eine der Predigtwerkstätten. Was möchten Sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern besonders mit auf den Weg geben?
Püttker: Es geht darum, die Teilnehmenden rundum zu begleiten. Da ich aus der gemeindlichen Praxis komme, ist mir auch immer das "Drumherum" wichtig: Wie wird jemand am Beginn des Gottesdienstes begrüßt und vorgestellt, wenn er oder sie da predigt? Wo sitzt die Person? Wie ist es mit liturgischer Kleidung? Ich finde, die Teilnehmenden sollen auch für solche Fragen sensibilisiert werden. Das Ganze soll ja immer auch für eine gewisse Sicherheit sorgen.
Frage: Was macht eine gute Predigt Ihrer Meinung nach aus?
Püttker: Sie muss mein Leben berühren, sie muss mich als Zuhörerin berühren. Aber sie ist schon dann gut, wenn ich eine Botschaft mitnehme.
Frage: Sie haben gesagt, dass es konkretes Handeln braucht, damit sich bei der "Laienpredigt“ etwas tut. Glauben Sie darüber hinaus, dass sich bei diesem Thema in nicht allzu entfernter Zukunft etwas ändern wird?
Püttker: Ja, diese Hoffnung habe ich. Da setze ich auch auf den Synodalen Weg. Es gibt einzelne Bistümer, in denen es eine entsprechende Ordnung bereits gibt. Vielleicht kann so die "Laienpredigt" von der Ausnahme zu einer gewissen Regelmäßigkeit kommen – immer in guter Qualität mit der passenden Ausbildung. Und nicht im Gegeneinander, sondern im Miteinander von Geweihten und Laien für eine Liturgie, die Glauben und Leben noch mehr verbindet.