Bätzing über Umgang mit Missbrauch: Menschen müssen Veränderung spüren
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, sieht die katholische Kirche durch ihren Umgang mit Missbrauchsvorwürfen in einer kritischen Lage. "Mit rein juristischer Aufarbeitung ist es nicht getan. Das bringt das Vertrauen der Menschen nicht zurück", sagte der Bischof von Limburg dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Samstag). Daher sei "zu klären, ob wir an mögliche systemische Ursachen des Problems heranwollen oder nicht".
Viele Bistümer hätten bereits Aufklärung inklusive Nennung der Täter und der Verantwortlichen geleistet, so Bätzing. Und Täter würden auch zur Rechenschaft gezogen, wo es möglich sei. Aber: "Diese Botschaft dringt nicht durch, wenn solche Krisen entstehen wie jüngst in Köln", so der Bischofskonferenz-Vorsitzende mit Blick auf den Umgang des Erzbistums Köln mit Missbrauchsgutachten.
Die Bereitschaft, aus Institutionen wie der Kirche auszutreten, sei derzeit ohnehin schon sehr hoch, erinnerte Bätzing. Durch die "schrecklichen Missbrauchsfälle" sei sie noch erheblich gestiegen. Der Vorsitzende fordert von der Kirche, um neues Vertrauen bei den Menschen zu kämpfen.
"Wir können den Schaden nicht reparieren. Wir können verlorenes Vertrauen nicht zurückbringen. Wir können nur um neues Vertrauen werben, indem wir in der Kirche Veränderungen etablieren", betonte Bätzing. Das sei ein langer Weg; und die Menschen müssten "spüren, dass sich wirklich etwas verändert".
Nach Angaben des Bischofs haben inzwischen 17 Diözesen mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, eine Erklärung unterzeichnet, in der Standards zu Aufarbeitung und Schutzmaßnahmen festgelegt sind; vier weitere führten noch Gespräche mit ihm. "Die Wahrnehmung, dass Täterschutz mehr zählt als Opferschutz, entspricht nicht dem, was sich in der katholischen Kirche tut", so Bätzing. "Verglichen mit der Lage vor einem Jahr sind wir wirklich messbar weiter."
Bätzing für jährlichen Corona-Gedenktag
Zudem sprach sich Bätzing vor dem bundesweiten Gedenken an die rund 80.000 Corona-Toten am Sonntag für einen künftig jährlichen nationalen Gedenktag aus. Die Pandemie sei "ein Einschnitt in unser aller Leben - und zwar quer durch die Gesellschaft". Auch nach deren Ende sei es sinnvoll, "dieser Zeit und der vielen Toten regelmäßig zu gedenken", so der Bischof. Er will am Sonntag neben dem EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm in der Berliner Gedächtniskirche predigen.
Er würde begrüßen, wenn man ein Datum finden könnte, das positiv damit verbunden sei, "wie mit Wissen, Vernunft, Mut und politischer Klugheit der Weg aus einer existenziellen Krise gefunden wurde", sagte der Bischof. Vielleicht könne der Tag der ersten Impfung in Deutschland solch ein Datum sein.
Bätzing dankte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dafür, dass er den Anstoß zu diesem Gedenktag gegeben habe. Der Prozess von Abschied und Trauer sei vor allem durch Kontaktbeschränkungen erschwert. "Blockierte Trauer kann aber krank machen. Es ist wichtig, Abschied nehmen zu können - und die Menge der Trauergäste sagt in der Regel viel über die Wertschätzung der oder des Toten aus", sagte der Limburger Bischof. Wenn an diesem Tag die Deutschen der Corona-Toten gedenken, werde "jeder einzelne Gestorbene gewürdigt". (rom/KNA)