Psychiater Lütz: Vorwürfe gegen Erzbischof Heße "substanzlos"
Der Psychiater und katholische Theologe Manfred Lütz hat deutliche Kritik am Gutachten des Strafrechtlers Björn Gercke über den Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln geübt. Zwar sei das Gutachten "juristisch solide gearbeitet", leide aber "an den ja durchaus beabsichtigten und auch angekündigten medialen Knalleffekten", sagte Lütz am Montag der "Kölnischen Rundschau".
Insbesondere kritisierte der frühere Chefarzt des Kölner Alexianer-Krankenhauses die Bewertung des heutigen Hamburger Erzbischofs Stefan Heße, den er "als den fähigsten Personalchef des Erzbistums" erlebt habe und der "vor allem viel Empathie für die Opfer zeigte". Die Vorwürfe gegen ihn seien "substanzlos".
Lütz widerspricht Darstellung über eigene Person
Lütz widersprach der Darstellung der Gercke-Untersuchung, er selber sei vom Erzbistum vielfach als Gutachter eingesetzt worden: "In Wahrheit habe ich kein einziges Gutachten gemacht." Der Theologe forderte zudem, dass es "eine wirklich unabhängige staatliche Untersuchung geben sollte für die katholische und evangelische Kirche, für den Deutschen Olympischen Sportbund und Vergleichbares".
Das Gercke-Gutachten war am 18. März vorgestellt worden und hatte mehreren aktuellen und früheren Führungspersonen des Erzbistums Köln Pflichtverletzungen im Umgang mit Missbrauchsfällen vorgeworfen. Auf den ehemaligen Personalchef und Generalvikar sowie heutigen Hamburger Erzbischof Heße entfallen demnach elf Pflichtverletzungen in neun Akten. Heße bot daraufhin dem Papst seinen Rücktritt an. Eine endgültige Enscheidung aus Rom steht noch aus. (tmg/KNA)