Die Kirche tut sich weiter schwer im Umgang mit Homosexuellen

"Segensgottesdienste für Liebende" sorgen für Diskussionen

Veröffentlicht am 01.05.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Um den 10. Mai sind bundesweit in katholischen Gemeinden "Segensgottesdienste für Liebende" geplant. Die Aktion richtet sich auch an schwule und lesbische Paare – und erhöht den Druck in der innerkirchlichen Debatte.

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Rechtzeitig vor dem Start der Aktion hat die Kölner Kultband Brings eine "Rainbow-Edition" des Videos zu ihrem Song "Liebe gewinnt" abgedreht. "Liebe gewinnt" – so heißt auch die Initiative, bei der katholische Seelsorger in Gemeinden zwischen Buxtehude, Berlin und Baden-Baden rund um den 10. Mai zu "Segensgottesdiensten für Liebende" einladen.

"Dabei wollen wir keinen ausschließen", heißt es auf der dazugehörigen Homepage. Es gehe vielmehr darum, "die Vielfalt der verschiedenen Lebensentwürfe und Liebesgeschichten von Menschen" zu feiern und um Gottes Segen zu bitten – "ganz ohne Heimlichkeit". Eingeladen sind damit auch schwule und lesbische Paare – übrigens ohne, dass dies auf der Website ausdrücklich erwähnt wird.

Genau das aber sichert der Aktion schon jetzt eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit. Denn die katholische Kirche, so erklärte es Mitte März die Römische Glaubenskongregation, habe keine Vollmacht, gleichgeschlechtliche Beziehungen zu segnen. Diese Verbindungen entsprächen nicht dem göttlichen Willen. Seither gärt es im deutschen Kirchenvolk. "Ich habe Häuser und Zuckerrüben-Erntemaschinen gesegnet", meinte etwa der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose. "Warum denn nicht auch Menschen, die sich lieben?"

Über 10.500 Unterschriften gegen Vatikan-Nein

Mit Bernd Mönkebüscher, Pfarrer im nordrhein-westfälischen Hamm, sammelte Hose Unterschriften gegen das Nein aus dem Vatikan; die von der Zeitschrift "Publik Forum" fortgeführte Liste zählt inzwischen mehr als 10.500 Unterzeichner. Von einer Aufbruchstimmung spricht Birgit Mock, Vizepräsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB): "Die aktuelle Diskussion könnte in einen historischen Schritt münden: einer positiven Würdigung verantwortungsvoll gelebter Sexualität in der katholischen Kirche in Deutschland."

Mock blickt dabei vor allem auf den Synodalen Weg. Mit dem Aachener Bischof Helmut Dieser leitet sie eine von vier Arbeitsgruppen des Reformdialogs. Der Umgang mit Homosexualität ist ein wichtiges Thema in diesem Forum, das sich mit der Sexualmoral auseinandersetzt. Bischof Dieser stellte seinerseits klar, dass er kraft seines Amtes keinen Auftrag zur Segnung schwuler und lesbischer Paare erteilen könne. Zugleich fügte er hinzu: "Bei Segnungsanfragen gleichgeschlechtlicher Paare sind die Seelsorgerinnen und Seelsorger ihrem Gewissen verpflichtet."

Bild: ©KNA/Sascha Steinbach/EPA/POOL (Archivbild)

Bischof Georg Bätzing halte "öffentliche Aktionen, wie die für den 10. Mai geplanten, nicht für ein hilfreiches Zeichen und einen weiterführenden Weg".

Ein Verbot klingt anders. Gleichwohl kritisiert die Deutsche Bischofskonferenz die geplanten Segnungsgottesdienste. Diese hätten "ihre eigene theologische Würde und pastorale Bedeutung. Sie sind nicht als Instrument für kirchenpolitische Manifestationen oder Protestaktionen geeignet", erklärte der Konferenzvorsitzende Georg Bätzing. Er bezeichnete die Aktion als nicht hilfreich.

Der Limburger Bischof befindet sich in einer delikaten Situation: Der Vatikan beäugt zunehmend kritisch die Debatten in Deutschland – während die Basis immer deutlicher nach Reformen ruft. Die Beharrungskräfte auf Ebene der Weltkirche sind allerdings groß, wie zuletzt eine Einlassung des australischen Kardinals George Pell zeigte. Er mahnte die deutschen Bischöfe "die Lehren der Schrift und die Lehren der Kirche aufrechtzuerhalten". Ein Teil der Kirche in Deutschland gehe "in die entschieden falsche Richtung".

10. Mai als Termin nicht ganz zufällig

Die bundesweiten Segensgottesdienste werden dessen ungeachtet an mehr als 50 Orten stattfinden. Bleibt noch die Frage, warum die Aktion auf den 10. Mai fällt. Das lasse sich "mit einem Augenzwinkern" erklären, sagt Hochschulpfarrer Hose. Die orthodoxe Kirche gedenkt an diesem Tag des biblischen Stammvaters Noah. Mit ihm habe Gott nach der Sintflut einen Bund geschlossen unter dem Zeichen eines Regenbogens. Von dort ist es dann nicht mehr weit bis zur Regenbogenflagge, einem Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung.

Bei der orthodoxen Kirche dürfte dieses Gedankenspiel auf wenig Gegenliebe stoßen. Der kirchliche Außenamtsleiter des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion, lobte unlängst das Nein des Vatikan zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. In diesem Punkt stimmten die offizielle Lehre der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche überein.

Von Joachim Heinz (KNA)