Bei Anruf Betrug: Wenn Pfarreien ins Visier von Kriminellen geraten
Maria Hoffmann und Maria Schneider tragen nicht nur denselben Vornamen, sie haben auch ein ähnliches Schicksal erlitten: Beide haben bei tödlichen Unglücksfällen jeweils ihren Ehemann und eines ihrer Kinder verloren und sind dadurch in finanzielle Not geraten. Ein tragischer Zufall – so könnte man meinen. In Wahrheit jedoch handelt es sich bei den Geschichten der beiden Marias lediglich um zwei unterschiedliche Versionen einer dreisten Betrugsmasche, auf die das Bistum Trier jetzt aufmerksam gemacht hat.
In seinem aktuellen Amtsblatt berichtet die Diözese unter der Überschrift "Warnung" von den Anrufen eines angeblichen Pfarrers aus Spanien und einer Frau namens "Maria Hoffmann". Die beiden Personen riefen bei Priestern im Bistum an und berichteten auf sehr emotionale Weise, dass "Frau Hoffmann" sich wegen der Beerdigung eines nahen Verwandten derzeit mit ihrer Familie in Spanien aufhalte. Dort seien ihr Mann und ihre Tochter nun vor wenigen Tagen tödlich verunglückt. Damit "Frau Hoffmann" nach diesem Schicksalsschlag mit ihrem Enkel nach Deutschland zurückkehren könne, werde von den Anrufern um die Überweisung eines Geldbetrags per Post oder über den Bargeldtransfer-Dienstleister "Western Union" gebeten.
Eindringliche Warnung vor betrügerischen Anrufen
Das Bistum warnt in seinem Amtsblatt eindringlich davor, auf die betrügerischen Anrufe zu reagieren und Geldüberweisungen zu tätigen. Zudem verweist die Diözese auf den Fall der anderen Maria – "Maria Schneider". Denn im Jahr 2015 hatten Betrüger schon einmal mit einer ganz ähnlichen Geschichte wie nun im Fall "Maria Hoffmann" versucht, von katholischen Gemeinden in der Diözese Geld zu ergaunern. Die einzigen Unterschiede: Statt in Spanien spielte die Geschichte in Rumänien, und statt Geld für den eigenen Rückflug nach Deutschland ging es "Maria Schneider" um eine finanzielle Unterstützung für die Überführung der Urnen mit den eingeäscherten Überresten ihres Mannes und ihres Sohnes.
Die vom Bistum Trier geschilderten Fälle ereignen sich so oder ähnlich regelmäßig auch in anderen Bistümern. Immer wieder versuchen Betrüger, mit Hilfe erfundener Geschichten die Hilfsbereitschaft von Pfarrgemeinden und anderen kirchlichen Einrichtungen auszunutzen. Auch das Erzbistum Berlin berichtet in seinem aktuellen Amtsblatt unter der Überschrift "Warnung vor Telefonbetrügern" von einem entsprechenden Versuch. Bei einem Pfarrer im Berliner Ortsteil Schöneberg hätten sich telefonisch Betrüger gemeldet, die "unter Vorspiegelung einer finanziellen Notlage" um eine Überweisung über den Dienstleister "Western Union" gebeten hätten, so die Erzdiözese. Ob es sich bei diesen Tätern um dieselben Täter wie in Trier handelt, ist unklar; die zeitliche Nähe der Meldungen in den Amtsblättern lässt eine Verbindung jedoch plausibel erscheinen.
Ob die Täter jemals ermittelt werden können, ist allerdings fraglich. Der Polizei gelingt es nämlich nur selten, Telefonbetrüger zu überführen und dingfest zu machen. Der Grund: Der Betrug wird nach Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden häufig aus dem Ausland – oftmals aus Call-Centern in der Türkei – gesteuert. In den vergangenen Monaten erregten in diesem Zusammenhang vor allem Fälle von falschen Polizisten Aufsehen, die Senioren mit erfundenen Geschichten am Telefon dazu gebracht hatten, ihnen Geld und Wertsachen zu übergeben.
Drei Täter bei Geldübergabe im Pfarrbüro festgenommen
Immerhin: In Köln gelang es im vergangenen Jahr in einem Fall, drei Betrügern, die auf ähnliche Weise Geld von einem katholischen Pfarrer ergaunern wollten, zumindest vorläufig das Handwerk zu legen. Weil sie Geld für eine "dringend notwendige medizinische Behandlung ihres schwer erkrankten, dreijährigen Sohnes" benötige, hatte sich eine Frau Anfang Juni hilfesuchend an den Pfarrer einer Kölner Innenstadtgemeinde gewandt; sie sehe sich außerstande, ihren Finanzierungsanteil für die erforderlichen Medikamente zu erbringen, erklärte sie. Als der Priester ärztliche Unterlagen als Beleg erbat, präsentierte die Frau diverse Dokumente der Uniklinik Köln, woraufhin sie tatsächlich Geld von dem Geistlichen bekam.
Einige Tage später wurde die Frau dann erneut bei dem Pfarrer vorstellig: Der Zustand ihres Sohnes habe sich verschlechtert und es würden noch weitaus höhere Behandlungskosten anfallen, sagte sie. Die ihm auch hierfür präsentierten Belege erkannte der Pfarrer dann jedoch als Fälschungen. Er informierte umgehend die Rechtsabteilung der Uniklinik und zog die Polizei hinzu. Bei dem mit der Frau vereinbarten Termin für die zweite Geldübergabe nahm die Polizei die 24-Jährige und zwei weitere Männer – ihren 46-jährigen Vater und ihren 19-jährigen Bruder – im Pfarrbüro fest. Alle drei stammen aus Südosteuropa und waren zuvor auch schon als Einbrecher polizeilich in Erscheinung getreten.
Wegen ähnlicher Betrugstaten hatte das Landgericht Bamberg zwei Jahre zuvor einen 36-jährigen Rumänen zu drei Jahren Haft verurteilt. Konkret ging es in dem Verfahren um 15 Betrugsfälle im Umfang von etwa 9.700 Euro. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin hatte der Mann nach Überzeugung des Gerichts immer wieder bei Pfarrern und Pfarrbüros angerufen, Unglücks- oder Notfälle im Ausland vorgetäuscht und um Geldüberweisungen gebeten. Die versprochene Rückzahlung sei dann jedoch ausgeblieben.
Der kriminellen Fantasie der Betrüger sind offenbar keine Grenzen gesetzt
Die Bistümer weisen ihre Pfarrer und Pfarrgemeinden regelmäßig auf die Gefahr durch betrügerische Telefonanrufe hin und geben Handlungsempfehlungen. Das Erzbistum Berlin etwa empfiehlt in seinem aktuellen Amtsblatt, die Anrufer auf die allgemeine Sozialberatung der Caritas hinzuweisen und den Vorgang umgehend bei der Polizei anzuzeigen. Außerdem bittet die Erzdiözese darum, Warnungen vor Telefonbetrügern auch an für Betrugstaten mitunter besonders anfällige Priestersenioren weiterzugeben.
Eine andere Betrugswarnung im aktuellen Berliner Amtsblatt macht allerdings deutlich, dass der kriminellen Fantasie von Betrügern offenbar keine Grenzen gesetzt sind und für einen Betrug auch nicht unbedingt ein Telefon benötigt wird. So habe ein in den Ostberliner Ortsteilen Friedrichsfelde und Kaulsdorf tätiger Pfarrer jüngst vor einem "scheinbar behinderten und nur auf den ersten Blick verwirrten Mann" im Alter von etwa 60 Jahren gewarnt, schreibt das Erzbistum. Dieser komme mit einem Rollator zu Gottesdiensten und treibe sich oft "schon längere Zeit vorher an den Kirchen herum". Sobald er sich unbeobachtet fühle, dringe er in Sakristeien oder gar Pfarrbüros und Wohnräume ein und stehle Geld und Kollekten. "Und dann ist er ganz flott und benötigt keine Gehhilfe und ist rasend schnell verschwunden", heißt es im Amtsblatt.