Schwester Regina Greefrath über das Sonntagsevangelium

Abschiedsschmerz liegt in der Luft

Veröffentlicht am 15.05.2021 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 
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Essen ‐ Das Loslassen von geliebten Menschen fällt schwer – auch Jesus. Schwester Regina Greefrath lässt sich von der emotionalen Abschiedsrede Jesu berühren und ermutigen: Denn hinter dem gegenwärtigen Schmerz verheißen seine Worte einen kostbaren Neubeginn.

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Impuls von Schwester Regina Greefrath

Abschiedsschmerz liegt in der Luft: Die Koffer sind gepackt, die Fahrkarte liegt bereit, die letzten Dinge sind geregelt. Nun steht das Schlimmste noch bevor: der Abschied von den Lieben. Manche Abschiede sind schmerzlich, weil etwas unwiderruflich zu Ende geht. Andere Abschiede empfinden wir dagegen als Befreiung, weil sie endlich eine erhoffte Veränderung bringen.

Der Abschied von lieb gewonnenen Menschen fällt oftmals schwer und hinterlässt eine Lücke im Alltag – ob ein geschätzter Kollege in den Ruhestand verabschiedet wird, die beste Freundin in eine andere Stadt zieht oder das Kind für ein Jahr als Au Pair ins Ausland geht. Für die Person, die geht, beginnt etwas Neues, Aufregendes, weitet sich der Horizont; während die Hinterbliebenen die entstandene Lücke füllen und sich erst einmal neu sortieren müssen.

Auch Jesus spricht heute von seinem bevorstehenden Abschied. Besonders berührend finde ich die Art und Weise, wie er seinem Vater die Jünger anvertraut, nachdem sein Werk vollendet ist: Gott soll sie in seinem Namen bewahren. Er soll ihren Glauben stärken, sie zum Zeugnis ermutigen, sie vor dem Bösen bewahren – quasi das weiterführen, was Jesus grundgelegt hat.

Im Abschied Jesu von seinen Jüngern sehe ich manche Parallelen zum Erwachsenwerden. Die Eltern sind für die Erziehung zuständig, sie weisen ihre Kinder ein in die Geheimnisse des Lebens. Jesus hat seinen Jüngern seine Botschaft verkündet und vorgelebt und ihnen so ein Fundament für den Glauben geschaffen. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man lernen muss, auf eigenen Beinen zu stehen.

Die Eltern sind dabei nicht aus der Welt und bleiben für ihre Kinder ansprechbar. Jesus hat den Jüngern den Heiligen Geist als Beistand gesandt, der sie ermutigt, ihre Wege zu gehen und für Jesu Botschaft einzustehen. Das Band, das Eltern und Kinder miteinander verbindet, ist unauflöslich, auch über lange Distanzen hinweg. Auch Jesus hat in den Herzen der Jünger Spuren hinterlassen, die nicht ausgelöscht werden können. In ihren Erinnerungen wird er lebendig bleiben.

So gesehen birgt ein Abschied – so traurig er auch sein mag, auch immer eine Chance für einen Neubeginn. Wenn der Abschiedsschmerz überwunden ist und ich nicht mehr so sehr in der Vergangenheit verhaftet bin, kann ich mich auf die neue Situation einlassen und mich positiv auf die Zukunft hin orientieren.

Und schließlich liegt im Abschied die Geburt der Erinnerung (Salvador Dalí) – und diese Erinnerungen sind ein kostbarer Schatz, den wir im Herzen tragen.

Von Sr. Regina Greefrath CSA

Evangelium nach Johannes (Joh 17,6a.11b–19)

In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sprach: Vater, ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir!

Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet und keiner von ihnen ging verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllte.

Aber jetzt komme ich zu dir und rede dies noch in der Welt, damit sie meine Freude in Fülle in sich haben. Ich habe ihnen dein Wort gegeben und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin.

Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst. Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.

Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit. Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt. Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.

Die Autorin

Schwester Regina Greefrath CSA gehört dem Orden der Augustiner-Chorfrauen an. Sie unterrichtet am klostereigenen Gymnasium die Fächer katholische Religion und Spanisch und engagiert sich in der AG Berufungspastoral der Orden (AGBO).

Ausgelegt!

Katholisch.de nimmt den Sonntag stärker in den Blick: Wie für jeden Tag gibt es in der Kirche auch für jeden Sonntagsgottesdienst ein spezielles Evangelium. Um sich auf die Messe vorzubereiten oder zur Nachbereitung bietet katholisch.de nun "Ausgelegt!" an. Darin können Sie die jeweilige Textstelle aus dem Leben Jesu und einen Impuls lesen. Diese kurzen Sonntagsimpulse schreibt ein Pool aus Ordensleuten und Priestern für uns.