Kein Preis für Buch, das sich mit Transsexualität befasst

Autorenprotest wegen Nicht-Verleihung von Katholischem Jugendbuchpreis

Veröffentlicht am 18.05.2021 um 10:50 Uhr – Lesedauer: 

Bonn/Berlin ‐ Seit 1979 verleiht die Deutsche Bischofskonferenz einen Preis für Jugendbücher. In diesem Jahr nicht: Der Jury-Favorit, in dem es auch um Transsexualität geht, wurde abgelehnt. Dagegen protestieren nun 222 Autoren wie Paul Maar und Kirsten Boie.

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222 Autoren von Kinder- und Jugendbüchern protestieren gegen die Entscheidung des Ständigen Rats der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), dem Votum der Jury des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises nicht zu folgen und das Jugendbuch "Papierklavier" der österreichischen Autorin Elisabeth Steinkellner nicht auszuzeichnen. Zu den Unterzeichnern des auf Montag datierten Offenen Briefs gehören die Autoren Kirsten Boie, Isabel Abedi, Paul Maar und Nora Gomringer. Sie fordern den Ständigen Rat auf, die Entscheidung zu überdenken. Die Ablehnung eines von der Expertenjury ausgewählten Buches stelle die Glaubwürdigkeit des Preises zukünftig in Frage und beschädige das Ansehen der ihn stiftenden Institution nachhaltig, so die Unterzeichner.

Bereits Anfang April hatte die DBK angekündigt, dass in diesem Jahr kein Kinder- und Jugendbuchpreis verliehen werde. Anfang Mai hatte der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtet, dass sich die zehnköpfige Jury unter Vorsitz des Trierer Weihbischofs Robert Brahm auf "Papierklavier" geeinigt, der Ständige Rat jedoch der Verleihung nicht zugestimmt habe. Das fiktionale Tagebuch einer 16-Jährigen setzt sich mit Themen wie Tod, Armut und Pubertät auseinander. Auch das Thema Transsexualität wird darin positiv aufgegriffen. Gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) teilte der Sprecher der DBK, Matthias Kopp, mit, dass der Ständige Rat der Auffassung gewesen sei, "dass das vorgeschlagene Preisbuch nicht den Kriterien der Statuten des Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises" entspreche. "Die Jury hat aus der vielfältigen Liste der Empfehlungsbücher kein neues Preisbuch vorgeschlagen", so Kopp weiter. Die Statuten des Preises legen fest, dass er für Arbeiten verliehen wird, "die beispielhaft und altersgemäß christliche Lebenshaltungen verdeutlichen". Dabei müsse "die transzendente und damit religiöse Dimension erkennbar sein". Das Votum der Jury muss vom Ständigen Rat bestätigt werden.

Im Offenen Brief wird die Entscheidung als nicht nachvollziehbar bezeichnet. Das Buch sei von einer Jury aus Experten nominiert worden, "die nicht nur mit den Statuten des Preises bestens vertraut ist, sondern deren Expertise, auch im theologischen Sinne, wesentlich dazu beigetragen hat, den Preis zu einer hochkarätigen Auszeichnung im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur zu machen". Die Ablehnung der Jury-Entscheidung durch den Ständigen Rat verweise auf ein "fehlendes Vertrauen in jene Vertreter*innen kirchlicher Institutionen, die mit jungen Menschen arbeiten, ihre Lebenswelten und -realitäten, ihre Sorgen und Hoffnungen kennen", so die Unterzeichner.

Bischofskonferenz kann keinen Eklat erkennen

Auch der Arbeitskreis für Jugendliteratur und die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen kritisierten am Montag den Vorgang und nannten ihn einen "Akt der Bevormundung". Die empfohlenen Titel zeigten "auf eindrucksvolle Weise, wie vielfältig das gesellschaftliche Leben von Kindern und Jugendlichen heute ist und literarisch dargestellt wird", so die Vorsitzenden der beiden Arbeitsgemeinschaften. 

Aus Sicht der DBK handelt es sich bei der Nicht-Verleihung um einen "normalen Vorgang". Bereits zuvor habe es Jahre gegeben, in denen der Preis nicht verliehen wurde. "Wir können keinen Eklat erkennen", so Kopp. Der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis, vormals Katholischer Kinderbuchpreis, wird von der Deutschen Bischofskonferenz seit 1979 verliehen und ist mit 5.000 Euro dotiert. Die Idee ging von dem Schriftsteller Willi Fährmann aus, der den Münsteraner Bischof Heinrich Tenhumberg bat, stärker auf die Bedeutung von Kinder- und Jugendliteratur hinzuweisen. 2020 erhielt Susan Keller für "Elektrische Fische" den Preis. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Preisverleihung jedoch vertagt. (fxn)