Bischof Bätzing: Vielen geht in der Pandemie "die Puste aus"
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, ermutigt an Pfingsten zur Hoffnung auf die Impfstrategie. Momentan hätten viele Menschen das Gefühl, dass ihnen "die Puste" ausgehe, sagte Bätzing am Pfingstsonntag im Limburger Dom. Die Arbeit im Homeoffice führe zu Überlastung oder Vereinsamung; Kontaktbeschränkungen, Unterrichtsausfälle und Öffnungsverbote hinterließen Spuren. "Existenznöte und tiefgreifende Sorgen schnüren vielen Menschen die Luft ab", so der Limburger Bischof. Anderen fehle schlicht der Ausgleich zum Alltagsstress.
Insofern sei die Pandemie eine "Atemstörung", nicht nur in medizinischer Hinsicht. Alles sei anstrengender als gewöhnlich. Das zeige: "Atmen heißt Leben", betonte Bätzing. Ohne Atem gingen dem Menschen die Worte aus, "die Stimme fehlt, Singen unmöglich, der Geruchssinn ist gestört". Der Bischofskonferenz-Vorsitzende richtete den Blick auch nach Indien, wo die Corona-Pandemie momentan besonders schlimm wütet. "Menschen mit Atemnot stehen in Schlangen vor Krankenhäusern und finden weder Platz noch Hilfe. Qualvoll erleiden Abertausende den Erstickungstod."
Wenn der Atem stocke, sei dies auch ein Anlass, "uns dieser selbstverständlichsten Grundlage unseres Lebens einmal bewusst zu werden, darüber nachzudenken und dafür zu danken", sagte Bätzing. "Atem Gottes" sei nicht zufällig eine der ältesten Metaphern für den Heiligen Geist. Er sei "die göttliche Lebenskraft, die alles erfüllt und verbindet", so der Bischof. "Nie zuvor ist mir die Metapher vom Atem Gottes für den Heiligen Geist so nah und tröstlich gewesen wie jetzt in Zeiten der Pandemie. Und noch nie hat es mich innerlich so gedrängt, zu beten und zu flehen, der Atem Gottes möge kommen und unsere Welt und jeden Menschen erfassen."
Weihbischof Georgens: "Atem ist Leben" – während Corona und zu Pfingsten
Auch der Speyerer Weihbischof Otto Georgens sprach über die Bedeutung des Atems, insbesondere in Corona-Zeiten. "Atem versinnbildlicht Leben, Atem ist Leben", sagte Georgens in seiner Predigt am Pfingstsonntag im Speyerer Dom laut Manuskript. Der Atem transportiere mehr als Luft. "Er transportiert Worte, Gefühle und das warme Leben, wie es aus dem Leib des Menschen strömt."
Beim Atmen könne es außerdem um "Momente auf der Grenzlinie von Leben und Tod" gehen. "Wie quälend lang können die kurzen Momente bei der Geburt eines Kindes sein, bis die Lungen sich mit Luft füllen und der Atem einsetzt", sagte Georgens. "Wie existenziell ist die Re-Animation, das Atemgeben der Mund-zu-Mund-Beatmung, die Einhauchung von Leben", so der 71-jährige Weihbischof, der den in einer gesundheitsbedingten Auszeit befindlichen Bischof Karl-Heinz Wiesemann vertritt.
Georgens wies darauf hin, dass Kurzatmigkeit und Atemnot Symptome für eine Covid-19-Infektion sein könnten. Je länger die Forschung das Coronavirus beobachte, desto klarer würden auch die Wege, auf denen es sich ausbreite. Immer mehr rückten dabei die Aerosol-Partikel in den Blick, mikroskopische kleine Schwebeteilchen, die durch die Atemluft besonders in geschlossenen Räumen verbreitet werden.
Mit Blick auf Pfingsten sagte der Weihbischof: "Der auferstandene Christus Jesus hauchte die Jünger an und sprach: 'Empfangt den Heiligen Geist!'" (Joh 20,22). Das sei keine beliebige Zeichenhandlung Jesu, sondern ein intimer Vorgang. "Seinen Atem - das, was aus seinem Innersten kommt -, gibt er weiter an die, die in seiner Nachfolge stehen. Er teilt den Jüngern damit sein eigenes Lebensprinzip mit. Mehr noch: Er gibt ihnen Anteil am göttlichen Leben", so Georgens. Pfingsten bedeute deshalb "neues Leben, wenn die Luft ausgegangen ist".
Kardinal Woelki fordert eine Vertiefung des Glaubens gegen die Kirchenkrise
Zur Überwindung der Krise in der katholischen Kirche rät der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki zu einer Vertiefung des Glaubens. "Wenn wir, liebe Schwestern und Brüder, aus der kirchlichen Krise herauskommen wollen, müssen wir mit unserer persönlichen Bekehrung zu Christus anfangen", predigte der Erzbischof am Pfingstsonntag im Kölner Dom. "Wir werden Kirche nur durch unsere persönliche Liebe zum Herrn. Nur in ihm finden wir auch zueinander."
In der Kirche gebe es - wie in der gesamten Gesellschaft - Risse und Uneinigkeit. Woelki nannte in diesem Zusammenhang die Missbrauchsaufarbeitung, kleiner werdende Gemeinden, die schrumpfende Zahl an Seelsorgemitarbeitenden sowie die Fragen nach Macht und der Rolle von Frauen. Die Kirche sei kein geistloser Apparat, sondern eine vom Heiligen Geist belebte Gemeinschaft. "Es scheint ein klares Gesetz zu sein: Wo das innere Geheimnis Jesu verblasst, wird die Kirche geistlos", mahnte Woelki. "Wo die Freude an Christus abnimmt, nimmt der Streit über seine Sache zu."
Nur wenn sich die Menschen vom Glauben packen ließen, "können wir die Unterstellungen und Behauptungen, die Lieb- und Respektlosigkeiten der vergangenen Wochen und Monate einander vergeben", so der Erzbischof weiter. Wenn Jesus wieder eine zentrale Rolle einnehme, würden sich viele Auseinandersetzungen als unwichtig herausstellen. "Dann ist es nämlich gleich, wie groß oder wie klein zukünftig eine Pfarrei sein wird."
Seit Monaten steht der Kölner Kardinal wegen der Missbrauchsaufarbeitung in seinem Erzbistum in der Kritik. Auch eine geplante Pfarreien-Reform hat zu Unmut geführt. Nach ersten Plänen des Generalvikariats sollten die 180 Seelsorgebereiche mit ihren rund 500 Pfarreien bis 2030 zu 50 bis 60 Großpfarreien zusammengefügt werden. Derzeit wird über Alternativen beraten.
Kardinal Marx: Kirche muss eine lernende Institution sein
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat zum Pfingstfest die Bedeutung der Kirche als Werkzeug zur Verkündigung des Evangeliums hervorgehoben. Dazu müsse sie eine lernende Institution sein, sagte Marx am Sonntag. "Sie lernt natürlich aus der Tradition, aus dem Zeugnis der ganzen Geschichte der Getauften, aber sie lernt auch aus der Welt, sie lernt Neues, findet Neues und muss sich neu auf den Weg machen."
Dies sei das, was Papst Franziskus mit synodaler Kirche meine. Bei Reformen in der Kirche gehe es nicht um die Institutionen. Marx sagte, manche Konservative wie Progressive nähmen die Institutionen immer noch zu wichtig. "Die einen denken, wenn wir alles anders machen, eine neue Institution, dann ist die Reform da. Und die anderen meinen, wenn sich irgendetwas verändert, geht alles zugrunde." Dabei müsse es darum gehen, ob die Kirche ihre Sendung erfülle. Diese bestehe darin, allen Menschen die Botschaft Jesu zu verkünden.
Im Miteinander suchen und beten könne die Kirche erkennen: "Das was wir mitgeschleppt haben aus der Geschichte, was wir mitgenommen haben, ist jetzt hinderlich für das, was notwendig ist." Dann könne auch manches verschwinden. Solche Prozesse seien allerdings schmerzhaft und auch anstrengend.
Der Würzburger Bischof Franz Jung rief die Gläubigen dazu auf, immer wieder mutig Grenzen zu überschreiten. So sei es eine der wichtigsten Entscheidungen des frühen Christentums gewesen, das Evangelium nicht nur Juden zu verkünden, sondern allen Menschen auf der Erde. Die Apostel hätten so gelernt, sich einer fremden Kultur zu stellen und in einen Dialog zu treten. So hätten sie erlebt, wie sich der eigene Glaube dadurch bereichere, aber aber auch verändere. Paulus sei in diesem Sinne zum "Begründer des interreligiösen Dialogs" geworden.
Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger stellte den Heiligen Geist, der die Menschen zusammenbringe, Frieden ermögliche, die Verzagten ermutige und aus dem Chaos Ordnung schaffe, den "vielen negativen Geistern unserer Wirklichkeit" gegenüber, darunter Frust, Zerstörung und Hass, Trennung und Diskriminierung, Lüge, Ideologie und Vorurteil. "Es ist die Unterscheidung der Geister, die über unsere Zukunft entscheidet", sagte er.
Der Passauer Bischof Stefan Oster machte sich in seiner Pfingstpredigt Gedanken zu Einheit und Vielfalt in der Kirche. Der Heilige Geist löse diesen vermeintlichen Widerspruch auf. Er sei "die Liebe, die aus Gott kommt." Das werde am Beispiel heiliger Frauen und Männer der Kirchengeschichte sichtbar. "Wenn Thomas von Aquin, Don Bosco und Edith Stein miteinander über Jesus sprechen würden, würden sie verschieden von ihm reden", erklärte der Bischof. "Aber sie würden wissen, dass sie alle vom selben reden - Jesus als Kyrios, dem Herrn."
Der Augsburger Bischof Bertram Meier bezeichnete Pfingsten als "das Fest ungeahnter Möglichkeiten". Für die Zukunft der Kirche würden Frauen und Männer mit Visionen gebraucht. Eine synodale Kirche sei etwas Geistliches: "Sie hört gut zu, wägt besonnen ab und unterscheidet die Geister, bis die Entscheidung reif ist." Wichtig sei dabei die Offenheit für Neues.
Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer spendete 14 Jugendlichen das Sakrament der Firmung. Der Heilige Geist sei ein geistiges Rückgrat, um gegen alle Hindernisse im Leben zu bestehen und mutig Zeugnis zu geben von der Auferstehung und der Liebe des Herrn, sagte er. (rom/cst/KNA)
23.05.2021, 16.45 Uhr: ergänzt um Statements der (Weih-)Bischöfe Jung, Losinger und Oster.
24.05.2021, 15.15 Uhr: ergänzt um Statements der Bischöfe Meier und Voderholzer.