Bibelgesellschaft veröffentlicht "Bericht zur Lage der Bibel"

Mehr als 20 deutsche Bibelübersetzungen im Gebrauch

Veröffentlicht am 11.06.2021 um 14:30 Uhr – Lesedauer: 

Stuttgart ‐ Nach Englisch gibt es wohl in keiner Sprache so viele Bibelübersetzungen wie auf Deutsch, heißt es im "Bericht zur Lage der Bibel" der Deutschen Bibelgesellschaft. Die Organisation will ab jetzt jedes Jahr einen Lagebericht zur Heiligen Schrift veröffentlichen.

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Die Deutsche Bibelgesellschaft hat erstmals einen "Bericht zur Lage der Bibel" veröffentlicht. Der Bericht, der auf der Vollversammlung der Gesellschaft Anfang der Woche vorgestellt wurde, soll künftig jährlich erscheinen und sich abwechselnd den Themen Übersetzung, Verbreitung und Erschließung der Bibel im deutschen Sprachraum widmen. Nach Angaben der Bibelgesellschaft gibt es bisher keine vergleichbare Dokumentation.

Der erste Bericht widmet sich einem Überblick über die aktuell im Gebrauch befindlichen  deutschsprachigen Bibelübersetzungen. Dabei sei besonders die Vielfalt der existierenden Übersetzungen bemerkenswert, die wohl nur vom englischen Sprachraum übertroffen werde. "Diese These ist bis jetzt nicht durch eine konkrete Zählung belegt. Aber bisher sind auch alle Versuche gescheitert, sie zu widerlegen", so der Bericht, der diese Vielfalt auf die Reformation und die Lutherbibel als "ersten Bestseller der deutschen Literaturgeschichte" zurückführt: "Da eine Übersetzung aber das Original nie ganz ersetzen kann, hat der Erfolg der Übersetzung Martin Luthers von Anfang an auch weitere Übersetzungen angestoßen, die andere Akzente setzen wollten als der Reformator und seine Kollegen."

Allein schon sieben kirchlich verantwortete Übersetzungen

Bereits an "kirchlich verantworteten Übersetzungen" zählt der Bericht sieben: Die aktuellen Revisionen der Einheitsübersetzung (2016) und der Lutherbibel (2017) und die in reformierten Gemeinden verwendete Zürcher Bibel (2007/2019) als wichtigste sowie die Übersetzungen Elberfelder (2006), Gute Nachricht (1997), BasisBibel (2021) und "Byzantinischer Text Deutsch" (2019), eine Übersetzung der Evangelien in Zusammenarbeit mit den orthodoxen Kirchen auf Grundlage des in der Orthodoxie anerkannten griechischen Evangelientextes und unter Berücksichtigung der orthodoxen Auslegungstradition. Nach Schätzung des Bibelwerks haben die von den großen Kirchen anerkannten und empfohlenen Übersetzungen einen Verbreitung von etwa 80 Prozent unter allen Übersetzungen.

Dazu kommen zwölf verbreitete "Autorenübersetzungen", die jeweils von einem oder zwei Autoren verantwortet werden wie die Übersetzungen von Franz-Eugen Schlachter und Fridolin Stier. Zu dieser Kategorie gehört auch die einzige erwähnte Übersetzung aus der jüdischen Tradition, die Übersetzung des ersten Testaments von Martin Buber und Franz Rosenzweig. Zwei Übersetzungen gehen auf einen Trägerkreis zurück, die "Bibel in Gerechter Sprache" und das Projekt "Offene Bibel", das eine frei verfügbare, partizipative Übersetzung anfertigen will, in jüngster Zeit aber wenig überarbeitet wurde. Fünf weitere Übersetzungen werden als "Verlagsübersetzungen" gewertet, die von Verlagen auf eigene Faust herausgegeben werden. Neben den eigenständigen Übersetzungen stehen zudem Derivate, die auf andere Übersetzungen zurückgehen und deren Zahl laut dem Bericht zunimmt aufgrund von online verfügbaren Übersetzungen, deren Urheberrechte ausgelaufen sind. Dazu kommen noch spezifische Übersetzungsprojekte wie die Bibel in Leichter Sprache oder Gebärdensprache und Übersetzungen, die in Sondergemeinschaften wie bei den Zeugen Jehovas verwendet werden.

Keine bahnbrechenden Innovationen erwartet

Die Unterscheidung der einzelnen Übersetzungen nach ihrer Trägerschaft sei gut geeignet, um sich einen Überblick über die vorhandenen Fassungen und ihre Intention zu verschaffen, so der Bericht. Angesichts der großen Zahl sei es "eher unwahrscheinlich, dass es daneben auch inhaltlich Raum für eine neue, bahnbrechende Innovation im Bereich der Bibelübersetzung gibt", so der Bericht.

Die Deutsche Bibelgesellschaft (DBG) ist eine evangelische kirchliche Stiftung mit dem Auftrag der Übersetzung, Verbreitung und Erschließung der Bibel. Wie das Katholische Bibelwerk hat sie ihren Sitz in Stuttgart. Ihre Vorläuferorganisation wurde 1812 gegründet. Als Verlag gibt sie über 700 Werke, darunter die Lutherbibel, heraus. Sie verantwortet außerdem das online frei verfügbare "Wissenschaftliche Bibellexikon im Internet" ("WiBiLex"). (fxn)